An Frankreichs Schulen sind lange Gewänder ab Montag verboten. Um diese „Abayas“ gab es schon länger Streit.
Um Kopftuch und Burkini-Badeanzüge hat Frankreich viel gestritten, nun sorgt ein Verbot von Abayas an Schulen für neuerlichen Wirbel. Zum Schuljahresbeginn von Montag an sind die traditionell von Frauen in islamischen Ländern getragenen knöchellangen Gewänder tabu, ebenso der entsprechende Überwurf für Männer, der Qamis. Das verfügte Frankreichs neuer Bildungsminister Gabriel Attal per Erlass. Dabei stützt er sich auf das seit langem geltende Verbot von sichtbaren religiösen Symbolen an Schulen in dem auf Laizität, also der strikten Trennung von Staat und Religion, bedachten Frankreich.
Schon eine Weile sind die Gewänder Diskussionsstoff in Frankreich. Eine entschiedene Antwort sei nötig, befand nun der vor den Ferien an die Spitze des Bildungsressorts gerückte Attal, der zuvor beigeordneter Haushaltsminister und Regierungssprecher war: „Die Abaya hat in unseren Schulen keinen Platz.“ Volle Rückendeckung erhielt er dabei von Präsident Emmanuel Macron: „Religiöse Symbole haben in der Schule keinen Platz“, sagte er. Mit der Problematik dürften Schulleitungen nicht alleine gelassen werden.
Die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft ID-FO, Agnès Andersen, hält das für übertrieben. Das Kleid habe keinen religiösen Ursprung, sagte sie im Juni der Zeitung „Le Parisien“. Von Teilen der Opposition bezieht Macrons Mitte-Regierung Kritik für den Erlass. „Wie weit wird die Bekleidungspolizei gehen?“, sagte die Linksabgeordnete Clémentine Autain, die das Verbot bei X (vormals Twitter) auch als eine besessene Zurückweisung von Muslimen bezeichnete. Die Regelung sei verfassungswidrig, schrieb sie.
Dass die Regierung bei dem schwierigen Thema nun einen harten Kurs einschlägt, wird auch als Zugehen auf die konservativen Républicains gesehen, um deren Unterstützung das Präsidentenlager für die verbleibenden vier Regierungsjahre weiter buhlt. Seit gut einem Jahr hat Macrons Regierung keine absolute Mehrheit mehr im Parlament. Die meisten Schnittstellen gäbe es mit den Konservativen, mit denen eine wie auch immer geartete Kooperation aber bislang nicht gelungen ist.
Attals Vorgänger Pap Ndiaye hatte vor einem Verbot zurückgeschreckt. Der Staat könne keine Liste verbotener Kleidungsstücke aufstellen, hatte er im Senat gesagt. „Weil wir uns damit auf ein äußerst komplexes Terrain begeben würden. Aus rechtlicher Sicht ist die Abaya nicht einfach zu definieren, und wir würden in der nächsten Woche durch eine bestimmte Länge des Kleides, eine Kragenform oder dieses oder jenes Accessoire umgangen, was das Problem von Woche zu Woche verlängern und uns zwingen würde, mehr Rundschreiben zu verfassen, was uns direkt zum Verwaltungsgericht bringen würde, wo wir verlieren würden.“ Wie der neue Bildungsminister diese Fallstricke vermeiden will, hat er bislang nicht gesagt.
Und eine erste Klage ist bereits beim Staatsrat, dem obersten Verwaltungsgericht des Landes, von einem Verein zum Schutz der Rechte von Muslimen (ADM) eingereicht worden. „Wir haben beim Staatsrat eine Dringlichkeitsklage eingereicht, um die Aussetzung des Verbots der Abaya in der Schule zu fordern, das mehrere Grundfreiheiten verletzt“, sagte der Anwalt des Vereins, Vincent Brengarth. (dpa, iQ)