Die parlamentarische Aufarbeitung des rassistischen Attentats von Hanau nähert sich dem Ende. Die Abgeordneten nehmen keine neuen Beweise mehr unter die Lupe. Doch immer noch bleibt einiges zu tun.
Unmittelbar vor dem letzten Plenumstag vor der hessischen Landtagswahl hat der Untersuchungsausschuss zum tödlichen Anschlag von Hanau das Ende seiner Beweisaufnahme beschlossen. Das parlamentarische Gremium fasste diesen Beschluss am Donnerstagmorgen hinter verschlossenen Türen in seiner 40. Sitzung im Wiesbadener Landtagsgebäude.
Der Ausschussvorsitzende Stephan Grüger (SPD) sagte anschließend der Deutschen Presse-Agentur, der Untersuchungsausschuss werde nach der Wahl am 8. Oktober wohl noch mehrmals zusammenkommen, um über den womöglich um die 600 Seiten dicken Abschlussbericht zu beraten: „Da wird sicherlich um Formulierungen gerungen.“
Er hoffe auf einen von allen getragenen Bericht ohne oder nur mit kürzeren Sondervoten einzelner Fraktionen. Seit dem Sommer 2021 beschäftigt sich der Ausschuss mit dem Anschlag, um zu klären, ob es vor, während und nach der Tat zu Behördenversagen kam. Binnen fünf Minuten hatte am 19. Februar 2020 der deutsche Täter in Hanau neun junge Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst.
Laut Grüger geht es im Untersuchungsausschuss um mögliche Lehren, die bereits aus dem Umgang mit dem Anschlag gezogen worden sind oder noch umgesetzt werden können. Die Arbeit des parlamentarischen Gremiums muss noch in dieser Wahlperiode enden. Daher wird die Debatte über den Abschlussbericht in deren letzter Plenarwoche im Dezember erwartet. Im Januar 2024 tritt das neue Landesparlament zusammen.
Abgeordnete der Opposition hatten in der Plenardebatte am Mittwoch erneut kritisiert, dass sich der Landtag im Sinne öffentlicher Aufklärung über ein mögliches Behördenversagen nicht noch vor der Wahl mit dem Abschlussbericht befasst. Linken-Fraktionschefin Elisabeth Kula nannte die Verschiebung auf später mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen ein „schäbiges Wahlmanöver“. Schwarz-Grün wies dies zurück – das sensible Thema solle aus dem Wahlkampf herausgehalten und in Ruhe besprochen werden, zudem seien noch neue Beweisanträge der Opposition gekommen.
Am Donnerstag nahm der Untersuchungsausschuss auf Antrag der SPD noch das Video einer Podiumsdiskussion über das Attentat in öffentlicher Sitzung in Augenschein. Dabei ging es um die Aussagen der Schwester eines Todesopfers. Sie hatte in einer Debatte der „Frankfurter Rundschau“ im Mai 2023 den Umgang mit Angehörigen der Opfer kritisiert. Ihre Fragen an die Polizei seien seinerzeit nicht beantwortet worden, es habe keine Hilfsangebote gegeben, dafür aber eine sogenannte Gefährderansprache der Polizei an sie selbst. Sie habe sich damals gefragt: „Ist mein Bruder Opfer oder Täter?“.