Niedersachsen

Kein Staatsvertrag mit Muslimen in Sicht

Vor sechs Jahren wurden die Gespräche über einen Staatsvertrag in Niedersachsen zwischen Muslimen und der Landesregierung vorerst beendet. Seitdem gibt es keine Fortschritte. IslamiQ hat nachgefragt.

21
10
2023
Niedersachsen, Staatsvertrag
Symbolbild: Landtag in Niedersachsen © Focke Strangmann, bearbeitet by IslamiQ.

Die Verhandlungen über einen Staatsvertrag in Niedersachsen zwischen dem Land und den islamischen Religionsgemeinschaften wurden im Jahr 2017 auf Eis gelegt. Seitdem herrscht Funkstille. Nach den Landtagswahlen vergangenen Jahres ließ die rot-grüne Landesregierung im Koalitionsvertrag festhalten, dass die Gespräche mit den Muslimen „über eine rechtliche Anerkennung“ fortgesetzt werden sollen.

Bislang gibt es einen Staatsvertrag nur in Hamburg und Bremen. Diese bestehen seit mehr als zehn Jahren und haben Vorbildfunktion für andere Bundesländer.

Wie nun aus einer Recherche von IslamiQ hervorgeht, finden auch ein Jahr nach den Wahlen keine Gespräche mit der DITIB und der Schura statt. „Ob und wann solche Gespräche wieder aufgenommen werden, ist derzeit nicht absehbar“, erklärte das Kultusministerium auf Anfrage von IslamiQ. Dennoch arbeite man zu gewissen Themen wie im Rahmen des Beiratsmodell für den islamischen Religionsunterricht mit Muslimen zusammen. Doch reiche diese Zusammenarbeit noch nicht aus, um als direkter Ansprechpartner angesehen zu werden. „Im Hinblick auf das erklärte Ziel der Verbände, direkter Ansprechpartner des Landes für Religionsunterricht i.S.d. Art. 7 Abs. 3 GG zu sein, werden von den Verbänden noch nicht alle Voraussetzungen erfüllt“, heißt es weiter aus dem Ministerium. Über die noch offenen Punkte erfolge ein fortlaufender Austausch auf Arbeitsebene.

„Keine Voraussetzung für konstruktiven Dialog“

Die ersten Gespräche zwischen den Muslimen und der Landesregierung begannen vor zehn Jahren. Im Staatsvertrag sollten die Rechte und Bedürfnisse der Muslime in Niedersachsen benannt und festgehalten werden. „Zum großen Teil handelte es sich bei den verhandelten Regelungen dabei um solche mit rein deklaratorischem Charakter, d.h. um eine Wiederholung und/ oder Zusammenfassung in Niedersachsen bereits vorhandener gesetzlich garantierter Rechte und Pflichten“, erklärt das Ministerium abschließend.

Der Abschluss eines solchen Vertrags sei für die Landesregierung keine „Voraussetzung für einen konstruktiven Dialog“ mit den Muslimen. Eine Kooperation zu einzelnen Themen werde auch ohne Staatsvertrag fortgeführt.

Wozu braucht es ein Staatsvertrag?

Staatsverträge bilden die Grundlage für kooperative Beziehungen in vielen Bereichen des religiösen und gesellschaftlichen Lebens. Neben der Anerkennung islamischer Feiertage, die gemeinsame Gestaltung des Religionsunterrichts sowie die Regelungen rund um die Seelsorge, ermöglicht der Staatsvertrag eine stärkere Partizipation der Muslime.

Leserkommentare

Marco Polo sagt:
Hier wird einem Staatsvertrag in Hamburg und Bremen eine angeblich tolle Vorbildfunktion extra zugeschrieben. Wenn man aber ganz aktuell im Tagesspiegel liest "Integration gescheitert - Antisemitismusbeauftragter Klein fordert Verbot weiterer islamistischer Vereine", dann sind doch entsprechende Staatsverträge wohl kaum eine Option und überhaupt keine gute Idee. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein drängt darauf, die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten Betätigungsverbote gegen die Hamas und das israelfeindliche Netzwerk Samidoun nun auch "wirklich schnell" zu verhängen. Darüber hinaus solle die deutsche Bundesregierung weitere Schritte gegen Islamisten folgen lassen. Dies sagte Klein dem Magazin "Spiegel". Er fordert, die als Hamas-nah geltende Palästinensische Gemeinschaft (PGD) umgehend zu verbieten, ebenso das Islamische Zentrum Hamburg (IZH). Dieses sieht nämlich das Bundesamt für Verfassungsschutz als Außenposten des iranischen Gottesstaates an. "In Teilen unserer Gesellschaft ist die Integration offenkundig gescheitert", sagte er dem "Spiegel". Ihm seien Fälle zugetragen worden, in denen muslimische Schüler im Unterricht fehlten, wenn es um den Holocaust ging, weil das "jüdische Propaganda" sei. Bekannt ist auch, daß einige islamische Vereine sich nicht von dem Terror der Hamas distanzierten, diesen teilweise sogar verherrlichten. Das schlägt aber nun wirklich dem Fass den Boden aus - so denken viele Bürger - mal ganz zahm formuliert. Zudem erschallen von Berlin bis Düsseldorf, von München bis Hamburg zur Stunde nicht nur die "frommen" Allahu Akbar Rufe, sondern auch die "Massenmörder Israel"-Parolen. Auf der Königsallee in Düsseldorf wird jetzt auf der Ant-Israel-Demo lautstark skandiert: "Massenmörder Israel. Frauenmörder Israel." Nicht nur Passanten sind darüber entsetzt und davon mehr als verstört. Soll nun ein neuer islamischer Wind in Deutschland wehen? Und auch noch durch Staatsverträge offiziell und staatstragend abgesegnet? Echt jetzt? Mir wird davon schon ganz schwummrig. Und ich frage mich ernsthaft, in welcher Realität leben wir denn bzw. sollen wir leben?
21.10.23
22:57