Hessen

Ausschuss beschließt Abschlussbericht zum Anschlag in Hanau

Wäre der rassistische Anschlag von Hanau zu verhindern gewesen? Seit 2021 untersucht ein Ausschuss die Arbeit der Sicherheitsbehörden auf mögliche Versäumnisse. Nun wurde ein Abschlussbericht beschlossen. Kritik kommt von den Angehörigen.

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2023
Hanau KRM, Verfassungsschutz
Mahnwache in Hanau, Verfassungsschutz © Twitter, bearbeitet by iQ.

Zwei Monate vor dem Ende der hessischen Wahlperiode hat der Untersuchungsausschuss zum tödlichen Anschlag von Hanau seinen Abschlussbericht beschlossen. „Der überwiegende Teil des Berichts hat eine breite Zustimmung gefunden“, sagte der Ausschussvorsitzende Stephan Grüger (SPD) mit Blick auf Abstimmungen über Einzelthemen bei der 42. Sitzung des Gremiums am Freitag in Wiesbaden. Für den mehr als 600 Seiten dicken Bericht seien aber auch vier eher kürzere Sondervoten aller jetzigen Oppositionsfraktionen vorgesehen.

Der Text soll in der voraussichtlich letzten Landtagssitzung dieser Legislaturperiode am 5. Dezember in das Landesparlament eingebracht werden. Am 18. Januar 2024 konstituiert sich ein neuer Landtag. Auf der Regierungsbank wird ein Wechsel von Schwarz-Grün zu Schwarz-Rot erwartet. Die bisherigen Regierungsfraktionen von CDU und Grünen haben als einzige Gruppierungen keine Sondervoten für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss angekündigt.

Dieser hatte sich seit Sommer 2021 mit dem Anschlag beschäftigt, um zu klären, ob es vor, während und nach der Tat zu Behördenversagen kam. Binnen nur fünf Minuten hatte am 19. Februar 2020 der deutsche Täter in Hanau neun junge Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Im Ausschuss ging es um mögliche Lehren, die bereits aus dem Umgang mit dem Anschlag gezogen worden sind oder noch umgesetzt werden können.

Hätte behördliches Handeln den Ablaut der Tat verändert?

Der Grünen-Fraktion war es nach eigenen Worten wichtig, „eine Entschuldigung gegenüber den Angehörigen festzuhalten, dass es den staatlichen und kommunalen Behörden nicht gelungen ist, sie davor zu schützen, Opfer eines rassistischen Anschlags zu werden“. Anzunehmen sei, dass ein anderes behördliches Handeln teils das „Durchführen der Tat erschwert oder den Ablauf der Tat verändert hätte“. Hätte etwa ein Opfer, das den Täter mit dem Auto verfolgte und beim mangelhaften Notruf nicht durchkam, doch Kontakt zur Polizei bekommen, wäre es womöglich von seiner Weiterfahrt abgehalten worden und könnte laut den Grünen möglicherweise noch leben. Doch der Mann wurde erschossen.

Die Linken-Fraktion nannte den vorerst im Entwurf vorliegenden Abschlussbericht einen „Persilschein für die schwarzgrüne Innenpolitik“. Für die Öffentlichkeit, die Überlebenden und Angehörigen der Opfer sei der Text ein Affront. Es habe „eine ganze Kette von polizeilichem Organisationsversagen bei dem Einsatz in der Tatnacht und im Nachgang“ gegeben.

Initiative kritisiert Verabschiedung des Abschlussberichts

Die Initiative 19. Februar kritisiert in einer Pressemitteilung die Verabschiedung des Abschlussberichts. „Wer den von CDU und Grünen formulierten Entwurf gelesen hat, kann der Einschätzung der Journalist*innen, die den Untersuchungsausschuss begleitet haben, nur zustimmen: vage, wachsweich, beschämend“, erklärt die Initiative.
Die zentralen Versagenspunkte, die in der Verantwortung der Hessischen Polizei und ihres CDU-Innenministers liegen, werden allenfalls allgemein angesprochen. „Der Bericht ist in erster Linie von parteipolitischen Machtinteressen geleitet“.

Es bleibe für die Initiative festzuhalten, dass der parlamentarische Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag zu Hanau nur durch den öffentlichen Druck der Angehörigen zustande gekommen sei. „Was wäre geschehen, wenn Angehörige und Überlebende nicht auf Fehler und Versäumnisse von Polizei und Behörden hingewiesen hätten?“, fragt sich die Initiative. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Ethiker sagt:
Der Zeitpunkt hängt mit der sogenannten Staatsräson zusammen.
20.11.23
20:00
Marco Polo sagt:
Die Staatsräson in islamisch beherrschten Ländern möchte ich allerdings gar nicht erst kennenlernen und erleben müssen. Da tun sich für mich tiefste Abgründe auf. Von den vielen Möglichkeiten hiesiger Untersuchungsausschüsse kann man in jenen Ländern nur träumen.
21.11.23
16:01