Eine neue Studie sagt: Mit dem Nahostkonflikt werden auch Angriffe gegen Muslime und Juden immer häufiger. Rund die Hälfte der Menschen in Deutschland nimmt den Islam als Bedrohung wahr.
Mit dem Krieg im Nahen Osten ist es Experten zufolge zu einer Spaltung in Deutschland gekommen und damit zu einem Anstieg von antimuslimischen Vorfällen und zugleich verstärkt auch zu antisemitischen Anfeindungen. Seit dem 7. Oktober sind deutliche Auswirkungen auch hierzulande zu sehen und es offenbarten sich Risse in der Gesellschaft, hieß es am Dienstag bei Vorstellung einiger Ergebnisse des „Religionsmonitors 2023“ der Bertelsmann Stiftung.
Die Studie, für die 2022 mehr als 4300 Personen ab 16 Jahren bundesweit befragt worden waren, hätte weit verbreitete Vorurteile und Stereotype offengelegt, die nun vom eskalierenden Nahost-Konflikt befeuert würden.
Die im Rahmen des Religionsmonitors erfassten Daten belegen aber auch eine inzwischen über zehn Jahre beobachtete konstante Muslimfeindlichkeit in der deutschen Bevölkerung. So ergab der „Religionsmonitor“, dass 52 Prozent der Befragten den Islam als bedrohlich ansehen. Der Islam werde von vielen mit Terrorismus verknüpft; so mancher glaube, der Islam rufe zur Gewalt auf, schilderte die Religionsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Yasemin El-Menouar. Dieses Negativbild habe sich seit rund zehn Jahren verfestigt. Bei den Jüngeren habe die Studie aber deutlich weniger Vorbehalte festgestellt als bei den Älteren – wohl auch, weil für die Jüngeren Kontakte zu Muslimen häufiger Alltag seien, was Vorurteile abbaue.
Musliminnen und Muslime sind verstärkt Diskriminierung, Anfeindungen und Ausgrenzung ausgesetzt, kritisierte die Stiftung. Es handele sich „nahezu um einen Generalverdacht“ gegen Muslime, erläuterte Stephan Vopel von der Stiftung. Gegenüber Flüchtlingen und Migranten allgemein werde das Klima – angeheizt von rechten Kräften – ebenfalls rauer. Alle das schwäche den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Auch antisemitische Einstellung sei nach dem Religionsmonitor in der deutschen und europäischen Bevölkerung weit verbreitet. Diese seien nicht nur an den Rändern, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft und auch unter Muslimen verbreitet, sagte El-Menouar. Und: „Antisemitismus äußert sich derzeit vor allem in Bezug auf Israel.“ Besonders besorgniserregend sei eine „Enthemmung von Vorbehalten und Vorurteilen“. El-Menouar warnte, dass zwar bei antisemitischen Haltungen häufig nicht von bewussten Feindseligkeiten, sondern von unreflektierten Vorurteilen auszugehen sei. Diese Einstellungen würden aber von Extremisten und Populisten genutzt, um die Gesellschaft zu spalten
Der antisemitischen Aussage „Juden haben zu viel Einfluss in Deutschland“ stimmten in der Studie 21 Prozent der Befragten zu. Dabei falle der Wert mit 40 Prozent bei AfD-Anhängern besonders hoch aus, liege aber auch bei Befragten, die der Union, SPD, FDP oder der Linken zuneigten, grob um die 20 Prozent.
Um Hass, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und jeglichen menschenfeindlichen Haltungen entgegenzuwirken, brauche es mehr Versachlichung, Aufklärung, mehr Begegnungen unter den Gruppen der vielfältigen Einwanderungsgesellschaft. Zudem sollten die vielen erfolgreichen jüdisch-muslimischen Gemeinschaftsprojekte und Initiativen stärker in den Fokus rücken. (dpa, iQ)