Hessen

Koalitionsvertrag steht – Regierung will Islamfeindlichkeit bekämpfen, vergisst aber Hanau

CDU und SPD in Hessen haben sich auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Welche Ziele setzt sich die neue Landesregierung für Muslime? Die wichtigsten Punkte im Überblick.

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2023
Hessen Koalitionsvertrag
Symbolbild: Neue Regierung in Hessen © Hessen.de, bearbeitet by iQ.

Gut zwei Monate nach der Landtagswahl in Hessen haben sich CDU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Der 184-seitige Entwurf des Koalitionsvertrags mit dem Motto „Eine für alle“ liegt der IslamiQ-Redaktion vor. Im zurückliegenden Jahrzehnt wurde Hessen von einer schwarz-grünen Regierung geführt. Die Landtagswahl am 8. Oktober gewann die CDU deutlich, danach konnte sie komfortabel zwischen Grünen und SPD als Koalitionspartner wählen. Nach Sondierungsgesprächen entschied sich die Union für einen Korb für die Grünen zugunsten einer erstmaligen unionsgeführten CDU/SPD-Koalition in der Landesgeschichte.

Der Vertragsentwurf als Regierungsprogramm für die Jahre 2024 bis 2029 zählt einleitend verschiedene Herausforderungen wie Ukraine-Krieg, dem Nahostkonflikt, „Wirtschafts- und Migrationskrise“ sowie Klimawandel auf: „Noch nie waren es so viele auf einmal.“ Weiter heißt es: „Diese Herausforderungen bewältigen wir gemeinsam – oder gar nicht.“ Dafür werde eine „breite Hessenkoalition“ gebildet.

Mit Blick auf das muslimische Leben stehen Themen wie der islamische Religionsunterricht, die steigende Islamfeindlichkeit, der Dialog und die Integration im Vordergrund.

Islamfeindlichkeit bekämpfen

Die neue Regierung möchte sich ausdrücklich der Bekämpfung von Islam- und Muslimfeindlichkeit widmen. „Unsere Priorität liegt darauf, Maßnahmen zu ergreifen, die diese Bedrohungen für unsere Gesellschaft aktiv bekämpfen und ihnen keinen Raum bieten“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Auch der islamische Religionsunterricht wird im Koalitionsvertrag erwähnt. Die Schwarz-Rote Koalition bekenne sich zum bekenntnisorientierten Religionsunterricht an den Schulen und möchte sicherstellen, dass auch für muslimische Schüler ein Unterrichtsangebot zur Verfügung steht. „Insgesamt kommt es darauf an, das verbindende Potenzial der gemeinsamen Werte zu stärken“. In Hessen war der sogenannte bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht zusammen mit DITIB zum Schuljahr 2013/14 eingeführt worden. Im April 2020 kündigte das Kultusministerium dann an, den Unterricht im darauffolgenden Schuljahr auszusetzen. Als Begründung wurden Zweifel angeführt, ob der Kooperationspartner DITIB ausreichend unabhängig vom türkischen Staat sei. Diese Entscheidung wurde im Jahr 2022 von hessischen Verwaltungsgericht als rechtswidrig erklärt.

Zudem möchte die neue Koalition den Dialog mit Moscheegemeinden suchen und ihre „wichtige Arbeit in den Bereichen der Seelsorge und der sozialen Arbeit in den Kommunen unterstützen“.

Integration bringt Rechte und Pflichten

In den vergangenen Jahrzehnten haben auch zahlreiche Menschen anderen Glaubens in Hessen eine Heimat gefunden und an der positiven Entwicklung des Landes mitgearbeitet. Ein weiteres Anliegen für die CDU und der SPD ist es deshalb, dass Integrationsgesetz zu erneuern. Denn Integration bringe „Rechte und Pflichten“ mit sich. „Wir erwarten insbesondere von Menschen, die zu uns kommen oder bereits seit Jahren hier leben, sich mit den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung, Toleranz sowie Meinungs- und Religionsfreiheit vertraut machen (…) und sich gegenüber den verschiedenen Wertvorstellungen und sexuellen Lebensweisen offen zeigen.

Außerdem werde die Erwartung formulieren, dass eingewanderte Menschen den gesellschaftlichen Zusammenhalt bewahren, bei der Bekämpfung von Extremismus und Rassismus mitwirken und „sich vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ausdrücklich zum Kampf gegen Antisemitismus und zum Existenzrecht des Staates Israel bekennen“.

Anschlag in Hanau bleibt unerwähnt

Auffallend ist, dass der rassistische Anschlag in Hanau und eine seine Aufarbeitung keine Erwähnung findet. Die letzte Regierung hatte vergangene Woche ihr Abschlussbericht vorgestellt. Für die Hinterbliebenen war es zu wenig. Die „Initiative 19. Februar“, in der sich Hinterbliebene und Betroffene zusammengeschlossen haben, kritisierte: „Niemand hat die politische Verantwortung übernommen. Es gab keine Konsequenzen.“ Der Untersuchungsausschuss habe die Chance einer ernsthaften Aufarbeitung gehabt, aber er habe sie nicht wahrgenommen.

An diesem Samstag (16. Dezember) wollen CDU und SPD über das Papier abstimmen und am kommenden Montag (18. Dezember) könne der Koalitionsvertrag unterschrieben werden, wie Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) kürzlich in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden sagte. (dpa, iQ)

Leserkommentare

grege sagt:
Islamiq.de sollte mal die eigene Vergesslichkeit bekämpfen und z.B. den Terroranschlag an einen deutschen Staatsbürger in Paris oder an einen Homosexuellen in Dresden erwähnen. Beides ist bisher noch nicht geschehen
22.12.23
18:53