Seit 2020 verfolgt die bayerische Justiz Hass und Hetze im Netz mit einem eigenen Beauftragten. Seit Jahren steigen die Zahlen. Im vergangenen Jahr ging es in knapp 80 Verfahren um einen islamfeindlichen Hintergrund.
Die bayerischen Behörden haben im vergangenen Jahr 3115 neue Verfahren wegen Hass und Hetze im Internet eingeleitet. Nach Angaben von Justizminister Georg Eisenreich (CSU) vom Donnerstag in München ist das ein Plus von 28 Prozent im Vergleich zu 2022. Damit sei ein neuer Höchststand erreicht worden. Die Angriffe seien besonders häufig rassistisch oder antisemitisch motiviert.
2657 der neuen Ermittlungsverfahren richteten sich gegen bekannte Täter, das ist ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 458 Verfahren richten sich gegen Unbekannte, was einem Minus von 14 Prozent entspricht. Die Behörden begründen die Tatsache, dass inzwischen offensichtlich mehr mutmaßliche Täter namentlich ermittelt werden können, auch mit effizienteren Ermittlungsmethoden. Eine Rolle könnte auch spielen, dass das Bundeskriminalamt (BKA) stärker eingebunden werde und dort eine zentrale Meldestelle für derartige Fälle eingerichtet wurde.
In vielen Bereichen gab es Zuwächse: in 568 Verfahren ging es demnach um einen fremdenfeindlichen Hintergrund; ein Plus von 42 Prozent im Vergleich zu 2022. 481 Verfahren wurden wegen antisemitischer Hetze geführt (plus 24 Prozent), 78 wegen Islam- und 10 wegen Christenfeindlichkeit. In 64 Verfahren ging es darum, dass Menschen mit Behinderungen angegriffen wurden.
Der Nahostkonflikt und der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine haben Hass und Hetze noch einmal neuen Nährboden gegeben, sagte Eisenreich. «Ich wünsche mir, dass möglichst viele in der Gesellschaft Hass offen widersprechen – sei es am Stammtisch, in der Arbeit, am Gartenzaun oder im Internet.»
Bayern hatte zum 1. Januar 2020 Deutschlands ersten Hate-Speech-Beauftragten für die bayerische Justiz bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus in der Münchner Generalstaatsanwaltschaft angesiedelt und Sonderdezernate bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften eingesetzt, um gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen. Der inzwischen dritte Staatsanwalt im Amt ist David Beck, den Eisenreich als neuen Beauftragten und Nachfolger von Teresa Ott vorstellte. (dpa, iQ)