Nach der Brandstiftung in einem Mehrfamilienhaus in Solingen gebe es laut Polizei bislang keinen „dringenden Tatverdacht“. Am Samstag folgten Hunderte Menschen einem Trauermarsch.
Fünf Tage nach der Brandstiftung in einem Wohnhaus in Solingen sind mehrere hundert Menschen am Samstag einem Trauermarsch für die Opfer gefolgt. Die Teilnehmer zogen von der Innenstadt zu dem ausgebrannten Haus und riefen nach Angaben einer dpa-Reporterin „Aufklärung“ sowie auf Türkisch „Gerechtigkeit für alle»“ Zu dem als still deklarierten Trauermarsch hatten die Stadt und die Familien der Verstorbenen eingeladen.
Bei dem verheerenden Brand am frühen Montagmorgen konnte sich eine aus Bulgarien stammende Familie nicht mehr aus dem Dachgeschoss des Hauses retten. Die 28 und 29 Jahre alten Eltern und zwei Mädchen im Alter von drei Jahren sowie fünf Monaten kamen ums Leben. Laut Staatsanwaltschaft werden drei Verletzte intensivmedizinisch behandelt. Über ihren Zustand gab es am Samstag keine Informationen.
Einen dringenden Tatverdacht gab es der Staatsanwaltschaft zufolge bis Samstagnachmittag nicht. Ein vorläufig festgenommener Mann war am Freitag wieder auf freien Fuß gekommen, nachdem sein Alibi überprüft und bestätigt worden war.
Nach Polizeiangaben beteiligten sich rund 600 Menschen an dem Trauerzug, weitere rund 120 hielten eine Mahnwache an dem ausgebrannten Haus. Mitveranstalter schätzten die Gesamtteilnehmerzahl auf mehr als 1000. Einige Teilnehmer schwenkten bulgarische Fahnen und hielten Bilder der Opfer hoch. Ein Imam rezitierte aus dem Kuran.
Oberbürgermeister Tim Kurzbach hatte auf Wunsch der Angehörigen darum gebeten, auf politische Botschaften zu verzichten. „Wir stehen hier wie Sie zutiefst erschüttert“, sagte Kurzbach in einer Ansprache. „In diesen Momenten der Dunkelheit können wir nur in Tränen zusammenkommen, um den Verstorbenen Respekt zu zeigen.“
Der Vorstandsvorsitzende der DITIB, Muharrem Kuzey, sagte, er fühle sich an den Brandanschlag in Solingen 1993 erinnert. „Hausbrände lösen eine tief verwurzelte Angst in uns aus, sie sind ein tiefes Trauma in uns geworden.“ Im Mai 1993 waren bei einem nächtlichen Brandanschlag mit rechtsextremem Hintergrund fünf türkischstämmige Frauen und Mädchen ermordet worden. Der Anschlag markierte damals den Tiefpunkt einer Serie rassistischer Anschläge auf migrantische Menschen in Deutschland.
Unterdessen gehen die Ermittler weiteren Hinweisen zu dem Brand vom Montag nach. Einen dringenden Tatverdacht gab es bis Samstagvormittag nicht, wie Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Wir gehen etlichen Ermittlungsansätzen nach.“ Hinweise auf einen rassistischen Hintergrund liegen laut Staatsanwaltschaft bisher nicht vor. Laut einem vorläufigen Gutachten von Sachverständigen wird von vorsätzlicher Brandstiftung ausgegangen. In dem hölzernen Treppenhaus waren Reste eines Brandbeschleunigers nachgewiesen worden. (dpa/iQ)