Ab Montag steht Deutschland vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen. Der Vorwurf: Beihilfe zu möglichem Völkermord an den Palästinensern. Der Kläger: Nicaragua. Sein Antrag umfasst 43 Seiten.
Deutschland muss sich vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegen den Vorwurf verteidigen, Beihilfe zu einem mutmaßlichen Völkermord durch Israel im Gazastreifen zu leisten. In einer mündlichen Anhörung am Montag will Nicaragua Argumente für diese Auffassung darlegen; Rechtsvertreter Deutschlands werden am Dienstag darauf antworten. Anschließend muss das oberste UN-Gericht entscheiden, ob es vorläufige Maßnahmen gegen Deutschland anordnet, bis ein Urteil gefällt ist.
Das autoritär regierte Nicaragua begründet seinen Eilantrag damit, dass Deutschland Israel politisch, finanziell und militärisch unterstütze, obwohl es sich bewusst sei, dass die betreffenden Rüstungsgüter völkerrechtswidrig eingesetzt würden, insbesondere für einen Genozid an Palästinensern. Weiter wirft Nicaragua der Bundesrepublik die Aussetzung von Zahlungen an das Palästinenser-Hilfswerk UNRWA vor. Deutschland wisse um die tödlichen Folgen für die Bevölkerung, hieß es in dem 43-seitigen Antrag Nicaraguas vom 1. März.
Deutschland kann vor dem UN-Gericht nur darlegen, wie es die Völkermord-Konvention allgemein auslegt. In einem früheren Verfahren, bei dem es um das Vorgehen der Militärjunta in Myanmar gegen die muslimische Minderheit der Rohingya ging, hatte Deutschland 2023 in seiner Stellungnahme einen eher weiten Ansatz des Völkermordbegriffs vertreten.
Sechs Monate nach Beginn der Bombardierung Israels auf den Gaza-Streifen sind mehr als 33.000 Palästinenser getötet worden. Israel hat nach Militärangaben seit Kriegsbeginn im Gazastreifen rund 32.000 Ziele angegriffen. Der Militärgeheimdienst habe etwa 4.600 palästinensische Verdächtige im Gazastreifen verhört, von denen viele festgenommen und zur weiteren Befragung nach Israel gebracht worden seien.
Hinzukommt, dass viele Journalisten bei der Bombardierung getötet oder verletzt wurde. Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen sind mindestens 112 Medienschaffende getötet worden. Kein anderer Krieg in diesem Jahrhundert habe für Journalisten so tödlich begonnen wie dieser, erklärte die Organisation am Samstag in Berlin. Dabei seien 105 Medienschaffenden allein im Gazastreifen ums Leben gekommen. Erst am Dienstag hatte die Israelische Armee bei einem Luftangriff sieben Mitarbeiter von World Central Kitchen getötet.
Bis heute komme fast niemand für eine Berichterstattung in den Gazastreifen hinein, nur wenige hätten ihn verlassen dürfen, kritisierte Reporter ohne Grenzen. Die Grenzen zum Gazastreifen müssten für internationale Medien zudem geöffnet werden. Die Organisation rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich stärker für den Schutz palästinensischer Journalistinnen und Journalisten einzusetzen. (KNA, iQ)