Nahost-Krieg

Gedämpfte Hoffnungen auf Waffenruhe in Gaza

Trotz intensiver Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg lässt ein Durchbruch auf sich warten. Derweil beginnt die erste Anhörung gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Völkermord.

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Gazastreifen Gaza Palästina
Symbolbild: Gazastreifen shutterstock, bearbeitet by iQ

Neue Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg haben noch nicht den erhofften Durchbruch gebracht. Indirekte Gespräche der Kriegsparteien in Kairo sollen ohne Fortschritte unterbrochen worden sein. Kurz zuvor hatte es noch aus ägyptischen Sicherheitskreisen geheißen, dass bei den am Sonntag neu angelaufenen Verhandlungen „leichte Fortschritte“ erzielt worden seien. Ob eine Einigung bis zum Ende des Ramadans war unklar. Der Fastenmonat endet voraussichtlich am Mittwoch. Offizielle Angaben zum Verhandlungsstand gibt es bisher nicht.

Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid sagte dem israelischen Rundfunk am Montag, eine Abmachung liege auf dem Tisch und müsse vereinbart werden. „Wir müssen Druck auf diese (israelische) Regierung ausüben, den Deal abzuschließen“, sagte er. „Es wird ein Deal sein, den wir nicht mögen, aber wir müssen ihn machen, weil wir sie nach Hause bringen müssen“, sagte Lapid mit Blick auf die in der Gewalt der Hamas verbleibenden Geiseln. Er hält sich gegenwärtig zu Gesprächen in den USA auf.

Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Kahira News hatte zuvor unter Berufung auf eine ranghohe ägyptische Quelle berichtet, dass es eine Einigung über die grundlegenden Punkte zwischen allen beteiligten Parteien gebe. Eine weitere Verhandlungsrunde wird demnach stattfinden, nachdem sich die einzelnen Parteien mit ihren Anführern zu den bisherigen Ergebnissen besprochen haben. Da Israel und die Hamas nicht direkt miteinander reden, treten die USA, Katar und Ägypten als Vermittler auf.

Rechtsextreme Partner erhöhen Druck auf Netanjahu

Unterdessen wächst der Druck auf Israel Regierungschef Benjamin Netanjahu auch im eigenen Land weiter. Nach dem Rückzug israelischer Truppen aus dem Süden des Gazastreifens schrieb Netanjahus rechtsextremer Koalitionspartner Itamar Ben-Gvir auf der Plattform X: „Wenn der Ministerpräsident entscheiden sollte, den Krieg zu beenden, ohne einen breiten Angriff auf Rafah, um die Hamas entscheidend zu schlagen, wird er kein Mandat haben, weiter als Regierungschef zu amtieren.“

Am Sonntag war die Armee überraschend aus der umkämpften Stadt Chan Junis im Süden des Küstengebiets abgezogen. Unklar war jedoch, ob der Abzug möglicherweise in Verbindung mit den Verhandlungen in Kairo über eine Waffenruhe stehen könnte oder etwa mit einer möglichen Militäroffensive in Rafah im südlichen Gazastreifen.

Die USA und Deutschland haben Israel wiederholt vor einer großangelegten Bodenoffensive in Rafah gewarnt. US-Präsident Joe Biden hatte Netanjahu klargemacht, dass ein Einmarsch dort ohne vorherige Evakuierung der Zivilisten eine „rote Linie“ für ihn wäre.

Welternährungsprogramm drängt auf weitere Grenzöffnung

Das Welternährungsprogramm (WFP) forderte von Israel eine rasche Abfertigung von Hilfsgütern an den Grenzübergängen von Israel zum Gazastreifen. Die dort wartende Hilfe umfasst WFP-Angaben zufolge Lieferungen, die für mehr als eine Million Menschen drei Monate lang reichen sollen. Die Hilfe müsse bloß noch in den Gazastreifen gebracht werden, um den Hunger gerade unter jüngeren Kindern mit geeigneten Lebensmitteln lindern zu können, sagte Cindy McCain, die Direktorin des WFP, dem US-Sender CNN. Man stehe buchstäblich kurz vor einer Hungersnot. „Deswegen sind die Grenzübergänge so wichtig, und es müssen noch mehr werden“, sagte McCain mit Blick auf die von Israel angekündigte Öffnung des Grenzübergangs Erez im Norden des Gazastreifens.

Am Freitag hatte Israel angekündigt, neben Erez auch den Hafen Aschdod für Hilfstransporte öffnen zu wollen, um die Versorgungslage im Norden des Gazastreifens zu verbessern. Bislang wurde die Ankündigung nicht umgesetzt. Eine Sprecherin der zuständigen israelischen Cogat-Behörde sagte: „Was den Erez-Übergang betrifft, werden die Details in der Zukunft mitgeteilt.“ Der Übergang, der bis zum Gaza-Krieg dem Personenverkehr diente, war bei dem Terrorangriff der Hamas schwer beschädigt worden und seither geschlossen.

Nach Cogat-Angaben wurde am Sonntag die höchste Zahl an Lastwagen seit Kriegsbeginn abgefertigt. Demnach sollen 322 Lastwagen mit Hilfsgütern in das Küstengebiet gebracht worden sein. Unabhängig waren die Angaben zunächst nicht zu überprüfen.

Seit dem Angriff der Hamas auf Israels Grenzgebiete vom 7. Oktober  geht das israelische Militär brutal gegen die palästinensische Zivilbevölkerung vor. Wegen der hohen Opferzahlen unter der palästinensischen Zivilbevölkerung sowie einer nicht ausreichenden Versorgung mit Nahrungsmitteln steht Israel international stark in der Kritik.

Deutschland weist Völkermord-Beschuldigung entschieden zurück

In Den Haag begann am Montag derweil die erste Anhörung zu einer Klage Nicaraguas gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof. Deutschland wies die von Nicaragua erhobenen Vorwürfe der Beihilfe zu einem Völkermord im Gaza-Krieg entschieden und umfassend zurück. „Deutschland verletzt weder die Völkermord-Konvention noch humanitäres Völkerrecht, weder direkt noch indirekt“, sagte die Beauftragte für Völkerrecht im Auswärtigen Amt, Tania von Uslar-Gleichen, vor Journalisten in Den Haag.

Das autoritär regierte Nicaragua, das sich als Fürsprecher der Palästinenser sieht, beschuldigt Deutschland vor dem höchsten UN-Gericht der Beihilfe zum Völkermord. Durch Waffenlieferungen an Israel ermögliche Deutschland einen Genozid und verstoße gegen internationales Recht, erklärten die Rechtsvertreter Nicaraguas vor dem Gericht. Die Bundesregierung hat 2023 insgesamt Rüstungslieferungen für 326,5 Millionen Euro an Israel genehmigt – zehnmal so viel wie im Vorjahr mit 32,3 Millionen Euro.

Nicaragua will zunächst im Eilverfahren erreichen, dass Deutschland die Waffenlieferungen an Israel stoppen muss. Außerdem sollen die Richter anordnen, dass Deutschland die Unterstützung für das UN-Hilfswerk für Palästinenser (UNRWA) wieder aufnimmt. Deutschland wird am Dienstag seine Position vor den 16 Richtern darlegen. Eine Entscheidung wird in etwa zwei Wochen erwartet. (dpa, iQ)