Bundesparteitag

CDU verabschiedet Grundsatzprogramm – Muslime sind „Teil der religiösen Vielfalt“

Die CDU stellt sich programmatisch neu auf und will nach der Merkel-Ära wieder konservativer werden. Aber Debatten im Detail sind durchaus zu erwarten – auch zum Umgang mit Muslimen.

08
05
2024
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grundsatzprogramm-cdu.de © Steffen Böttcher
grundsatzprogramm-cdu.de © Steffen Böttcher

Nach der Neuwahl der Parteiführung zum Auftakt ihres dreitägigen Bundesparteitags will sich die CDU am Dienstag ein neues Grundsatzprogramm geben. Den 1001 Delegierten liegt dazu ein knapp 70 Seiten langer Entwurf mit dem Titel „In Freiheit leben – Deutschland sicher in die Zukunft führen“ zur Beratung vor. Es ist das erste Grundsatzprogramm nach 17 Jahren. Mit seiner Verabschiedung will die CDU ihre inhaltliche Erneuerung nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl 2021 abschließen.

Parteichef Friedrich Merz hatte am Montag erklärt, dank des neuen Programms sei die CDU „sofort und spätestens im Herbst nächsten Jahres bereit, wieder Regierungsverantwortung für Deutschland zu übernehmen“. Maximal vier Jahre Ampel seien genug. „Jeder Tag früher, den dieses Schauspiel ein Ende findet, ist ein guter Tag für Deutschland.“

Merz wurde bei der Neuwahl der Parteiführung mit einem Ergebnis von fast 90 Prozent von den Delegierten für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt. Glückwünsche hierzu kamen auch von CSU-Chef Markus Söder. „Wir stehen fest zusammen und wollen gemeinsam Deutschland weiterbringen. Auf weiterhin gute Zusammenarbeit“, schrieb der bayerische Ministerpräsident auf der Plattform X (früher Twitter). Söder wird an diesem Dienstag beim Parteitag erwartet. Er will am Nachmittag auch ein Grußwort sprechen.

Wer sich zur Leitkultur bekennt, kann Deutscher werden

Die CDU hatte das Grundsatzprogramm in den vergangenen zwei Jahren mit Mitgliederbefragungen, Regionalkonferenzen und Fachsitzung erarbeitet. Nach der Wahlniederlage 2021 nehmen die Christdemokraten damit endgültig Abschied von der Ära Angela Merkel, vermeiden aber einen radikalen Bruch. Das Programm revidiert gleich mehrere Grundentscheidungen der ehemaligen Parteichefin und Kanzlerin: den Ausstieg aus Kernkraft und Wehrpflicht, die Willkommenskultur in der Asylpolitik. Die Christdemokraten positionieren sich wieder konservativer und bezeichnen sich erstmals ausdrücklich als bürgerlich.

Auch wurde der Begriff der Leitkultur nun konkret durchbuchstabiert. Zu dieser gehörten Grund- und Menschenrechte, Respekt und Toleranz, Kenntnisse der Sprache und Geschichte, das Anerkennen des Existenzrechts Israels. Nur wer sich zur Leitkultur bekenne, könne Deutscher werden.

Die CDU tritt dafür ein, dass Bezieher von Sozialleistungen, die arbeiten können, auch arbeiten müssen. Die gesetzliche Rente solle durch eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge ergänzt werden. Überstunden sollen bei Vollzeitbeschäftigung steuerfrei gestellt werden, auch Rentner, die weiterarbeiten, will die CDU besser stellen. Sie spricht sich für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr, für die Option Atomenergie, für Asylverfahren in sicheren Drittstaaten und gegen einen Gender-Zwang aus.

Muslime sind „Teil der religiösen Vielfalt“

Das Papier betont den Wert der Religionen, bewertet sie aber unterschiedlich. Deutschland sei „ein christlich geprägtes Land“, heißt es. Die Kirchen werden als „wichtige Partner bei der Gestaltung unseres Gemeinwesens“ genannt. Sie gelten als „Stabilitätsanker, die Menschen Orientierung geben“. Christliche Symbole sollen demnach öffentlich sichtbar, christliche Feiertage erhalten bleiben. Auch das Judentum wird als prägend für Kultur und Geschichte genannt.

Umstritten war im Vorfeld die Passage zum Islam in Deutschland. Der Satz zum Islam hat im Dezember unter anderen bei islamischen Religionsgemeinschaften Kritik ausgelöst. Laut dem ersten Entwurf des CDU-Grundsatzprogramms gehöre nicht „der Islam“ zu Deutschland, sondern jene Muslime, die „unsere Werte teilen“. Dieser Satz wurde nun etwas abgeschwächt. Im neuen Grundsatzprogramm werden Muslime als „Teil der religiösen Vielfalt“ gewürdigt. Trotz der Kritik muslimischer Vertreter hielten die Delegierten aber an der Aussage fest: „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“ Entsprechend wird nicht nur dem Islamismus, sondern auch dem politischen Islam eine Absage erteilt: „Die Scharia gehört nicht zu Deutschland.“

 

Mit einem „Zurück in die Zukunft“ und einem klaren Bekenntnis zu Europa meldet die CDU wieder ihren Regierungsanspruch an. Sie hofft, nicht zuletzt, mit dem neuen Programm Wähler von der AfD zurückzugewinnen – ohne dabei rechtspopulistisch abzudriften. (KNA, dpa, iQ)