Rheinland-Pfalz

Bedrohung durch Rechtsextremisten hat neue Dynamik erreicht

Die Entwicklung im Rechtsextremismus macht den Sicherheitsbehörden die meisten Sorgen. Der Verfassungsschutz hat auch die AfD in Rheinland-Pfalz im Blick.

04
06
2024
Rechtsextremismus, Verfassungsschutzbericht
Symbolbild: Rechtsextremismus , Verfassungsschutzbericht © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Innenminister Michael Ebling (SPD) warnt vor einer steigenden Gefährdung durch Rechtsextremismus. Diese Bedrohung habe eine neue Qualität und Dynamik erreicht, sagte der Innenminister am Montag in Mainz bei der Vorstellung des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2023.

Rechtsextremisten seien sehr „mobilisierungsfähig“, erklärte Ebling. „Sie finden immer leichter Anschluss auch in Richtung nicht-extremistischer Milieus.“ Diese Entwicklung sei besorgniserregend. „Denn das unversöhnliche Freund-Feind-Denken und ein äußerst gewaltbereiter Rand machen sie sehr gefährlich.“ Regelmäßig schreckten diese Szenen selbst vor schweren Gewalttaten bis hin zu Tötungsdelikten und Anschlägen nicht zurück. Auch die Zahl der Personen, die der Verfassungsschutz den beiden Szenen im Land zuordne, weise eine steigende Tendenz auf.

Mehr Menschen im Blick des Verfassungsschutzes

Beim Rechtsextremismus belaufe sich die Zahl in Rheinland-Pfalz auf rund 770 Personen (2022: 750), von denen wie im Vorjahr 150 als gewaltorientiert eingestuft werden.

Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen, ein Verächtlichmachen des demokratischen Rechtsstaats und die Umdeutung der Geschichte seien die ideologischen Gemeinsamkeiten des rechtsextremistischen Spektrums, erklärte Ebling. Beispiele seien die „Identitäre Bewegung Deutschland“ und die im nördlichen Rheinland-Pfalz aktive „Revolte Rheinland“.

„Sie sind jung, netzaffin, sendungsbewusst.“ Für die komplexen Probleme der Gesellschaft böten sie vermeintlich einfache Lösungen. Doch hinter Begriffen wie „Remigration“ steckten keine demokratischen und praktikablen Konzepte, sondern ideologisch getriebene Allmachtsfantasien, mahnte der Innenminister.

Die AfD als Beobachtungsobjekt im Blick

Auch die AfD sei im Fokus des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes, sagte der Innenminister. Die Partei habe keinen gemäßigten Flügel mehr, die Radikalisierung nehme zu. Die AfD vernetze sich in hohem Maße mit Akteuren der „Neuen Rechten“. In den vergangenen Jahren habe sich ein Netzwerk aus AfD-Parteimitgliedern, Mitgliedern der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“, Mitgliedern der „Identitären Bewegung“, „neurechten“ Thinktanks und Burschenschaften aus dem Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ gebildet. Diese Gruppen pflegten einen intensiven ideologischen und personellen Austausch.

Ebling und der Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium, Elmar May, verwiesen auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster, nach dem die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtens ist. Damit darf der Verfassungsschutz auch weiterhin nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung der Partei einsetzen. Da der Landesverband Teil der Bundespartei sei, sei dieser auch in Rheinland-Pfalz ein Beobachtungsobjekt.

Mehr „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“

Größer geworden sei auch das Spektrum der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“, das Personenpotenzial sei von 950 auf 1050 im vergangenen Jahr gestiegen. Der größte Teil dieses Spektrums sei an keine bestimmte Organisation gebunden. Die Affinität zu Waffen innerhalb der Szene sei unverändert hoch, berichteten Ebling und May.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) macht sich wegen dieser Entwicklung weiterhin für eine angemessene personelle, finanzielle und materielle Ausstattung des Verfassungsschutzes und der Polizei stark. „Die Politik ist am Zug“, betonte die rheinland-pfälzische GdP-Landesvorsitzende Steffi Loth. „Sie muss in die innere Sicherheit investieren.“

Brauchen starken Verfassungsschutz

Die Ergebnisse des Verfassungsschutzberichts zeigten die Bedeutung der deutschen Sicherheitsbehörden, betonte der CDU-Abgeordnete Marcus Klein. Diese müssten insgesamt gestärkt werden. Das gelte insbesondere auch für den Verfassungsschutz, sagte der Vize-Vorsitzende der parlamentarischen Kontrollkommission. Das Gremium kontrolliert die Landesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde.

Auch der Extremismus-Experte der SPD-Fraktion, Michael Hüttner, betonte die Bedeutung eines starken Verfassungsschutzes und einer starken Polizei für einen wehrhaften Rechtsstaat. Zum Schutz der Demokratie sei aber auch eine wache Gesellschaft nötig. „Präventionsarbeit und politische Bildung gewinnen daher immer mehr an Bedeutung, gerade mit Blick auf die auch durch die sozialen Medien gestiegene Reichweite extremistischer Positionen.“ (dpa/iQ)

Leserkommentare

Marco Polo sagt:
Interessanter Artikel zum Thema. Rechtsextremismus. Dieser darf keinesfalls unterschätzt oder marginalisiert werden. Die Bedrohung durch Islamextremisten hat allerdings keine geringere Bedeutung und keine geringere Wertigkeit. Neue Dynamiken des Islamextremismus zeigen sich überall. Unsere Staatsorgane sind da besonders gefordert und herausgefordert. Manche Islamfanatiker wollten ja schon in Deutschland als Scharia-Polizei auftreten und den großen Maxe und Sittenwächter spielen. Andere Demokratie-Verteidiger agieren schon als Islamisten-Jäger. Eine spannende Zeitepoche dürfte vor uns liegen. Auf jeden Fall steht der Verfassungsschutz bereit und hat alle Unruhestifter, Aufwiegler, Gefährder und Systemsprenger & Systemveränderer im Blick. Nicht nur in Rheinland-Pfalz.
04.06.24
23:21