Massives Versagen in der Zusammenarbeit, aber auch gezielte Vereitelung von Ermittlungen. Das wirft der abschließende Bericht des NSU-Untersuchungsausschusses im Thüringer Landtag den Behörden vor. Viele Fragen bleiben ungeklärt.
In Erfurt wurde heute der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ im Thüringer Landtag, der sich intensiv mit der Aufarbeitung des Terrors der rechtsextremen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) und dem Behördenversagen beschäftigt, an Landtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) übergeben.
Details über die Ergebnisse des 1.898 Seiten langen Berichts waren vorab bereits an die Presse gelangt. So zeigt der Bericht massive Versäumnisse von Behörden auf, unterstellt aber auch, dass die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe durch gezielte Falschinformationen des Verfassungsschutzes unentdeckt blieben.
Verfassungsschutz schützte NSU-Terroristen
In einem Fall behauptete der Verfassungsschutz laut Bericht, dass die NSU-Terroristen in die USA ausgereist seien, obwohl sie sich noch in Deutschland aufhielten. Die Ermittler wurden so auf eine falsche Fährte geführt. Ebenso wird durch den Bericht deutlich, dass der Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus in Deutschland nach dem 11. September in vielerlei Hinsicht in den Hintergrund rückte.
Die Sicherheitsbehörden waren quasi auf dem rechten Auge blind, so jedenfalls der Eindruck, wenn man sich die zahlreichen Stellen mit Zeugenaussagen zu den Ermittlungen durchliest. Dabei wird auch deutlich, dass in manchen Fällen Personal für den Kampf gegen den „islamistischen Terrorismus“ abgezogen wurde, und dafür Ermittlungen in Sachen NSU zurückstehen mussten.
Auch die Zusammenarbeit der Behörden untereinander wird scharf kritisiert. So hätten Staatsanwaltschaft, Polizei und Verfassungsschutz es mehrfach versäumt das NSU-Trio, trotz ihrer Möglichkeiten, festzusetzen.
Empfehlungen des Untersuchungsausschusses
Der Untersuchungsausschuss selbst hat verschiedene Empfehlungen formuliert, damit solches Behördenversagen „nicht mehr nur einfach hingenommen“ wird und in Zukunft nicht mehr möglich ist. Unter anderem werden verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus angemahnt, ebenso wie Präventionsmaßnahmen oder Initiativen zur Demokratieförderung.
Darüber hinaus wird auch eine bessere parlamentarische Kontrolle der Behörden, z.B. durch die Einrichtung von Clearingstellen für Beschwerden, empfohlen. Insbesondere gesetzliche Grundlagen, aber auch Neuorganisation und Neustrukturen bei den Behörden werden angemahnt. Nicht zuletzt wird aber auch darauf hingewiesen, dass es derzeit eine nicht ausreichende Erfassung von Politisch-Motivierter Kriminalität (PMK) gibt.
Viele offene Fragen
Landtagspräsidentin Birgit Diezel sagte bei der Übergabe: „Der Ausschuss war die Reaktion des Parlaments auf die NSU-Mordserie mit rechtsextremistischem Hintergrund, auf die Deutschland, auf die Thüringen tief erschüttert reagiert hat. Auf die vielen offenen Fragen mussten Antworten gegeben werden. Das haben die Menschen von uns erwartet.“
Mit dem vom Thüringer Landtag eingesetzten Untersuchungsausschuss habe man einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung geleistet. Der Ausschuss habe gezeigt, dass „staatliches Handeln jederzeit hinterfragt und aufgearbeitet“ werden könne, so Diezel. Der Untersuchungsausschuss in Thüringen habe in zwei Jahren 68 Sitzungen einberufen, 123 Zeugen und Sachverständige gehört und umfangreich Akten gesichtet. Dennoch bleiben viele ungelöste Fragen.
So weist der Bericht auch darauf hin: Die Arbeit zur Aufklärung muss weitergehen.