Vor Monaten schaukelt sich eine Debatte um Fußballstar Rüdiger hoch. Ein Journalist will eine extremistische Geste gesehen haben. Rüdiger erstattete Anzeige gegen die Kritik. Nun wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt.
Es geht um eine Zeigefinger-Geste im Netz: Fußball-Nationalspieler Antonio Rüdiger wollte sich mit einer Anzeige gegen Kritik von Journalist Julian Reichelt wehren, ist damit aber gescheitert. Die Staatsanwaltschaft Berlin teilte auf dpa-Anfrage mit, ein Ermittlungsverfahren gegen Reichelt mangels Tatverdachts eingestellt zu haben. Im Frühjahr war bekanntgeworden, dass sich der Fußballstar gegen Internet-Posts des Journalisten, der früher ‚Bild‘-Chefredakteur war und schon seit längerem für das Portal ‚Nius‘ in verantwortlicher Position arbeitet, zur Wehr setzen will. Es ging bei den Ermittlungen um Vorwürfe der Beleidigung und Volksverhetzung.
Im Kern dreht sich der Fall um einen viel diskutierten Instagram-Beitrag des Profis von Real Madrid rund um den Fastenmonat Ramadan. In dem Beitrag hatte der praktizierende Muslim Rüdiger ein Foto von sich im weißen Gewand auf einem Gebetsteppich gepostet. Der Zeigefinger seiner rechten Hand zeigt in den Himmel. „Möge der Allmächtige unser Fasten und unsere Gebete annehmen“, schrieb der 31-Jährige als Gruß zum Ramadan.
Reichelt war überzeugt, dass Rüdiger mit dem erhobenen Zeigefinger eine „islamistische Geste“ zeigt. Der Abwehrspieler konterte, dass er sich nicht als „Islamist“ verunglimpfen lassen wolle. Reichelts Kritik, die er im Internet in mehreren Beiträgen postete, führte dazu, dass Rüdiger gegen ihn Strafanzeige stellte, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) meldete die Angelegenheit zudem bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main.
Die Staatsanwaltschaft Berlin führte aus, dass eine Strafbarkeit wegen Beleidigung beziehungsweise übler Nachrede oder Verleumdung nicht gegeben sei. „Die Posts stellen keine Tatsachenbehauptungen, sondern – wie sich aus dem Gesamtkontext ergibt – bloße Werturteile dar.“ Auch in Abwägung mit der Freiheit der Meinungsäußerung könne kein hinreichender Tatverdacht bejaht werden. Auch den Vorwurf der Volksverhetzung sehen die Ermittler nicht als erfüllt an.
Das Zeichen ist eine typische Geste bei Muslimen und Teil des Gebets. Der gestreckte Zeigefinger symbolisiert den Glauben an den einen und einzigartigen Gott („Tawhîd“). Das Zeichen ist der sichtbare Ausdruck des islamischen Glaubensbekenntnisses.
Das Bundesinnenministerium hatte im Frühjahr rund um die Debatte zu dem Fingerzeig mitgeteilt: „Der sog. ‚Tawhîd‘-Finger gilt im Islam als Symbol der Einheit und Einzigartigkeit Gottes. Die Geste ist unter Musliminnen und Muslimen auf der ganzen Welt verbreitet.“ Nach Einschätzung des Ministeriums ist der sogenannte „Tawhîd“-Finger als Glaubensbekenntnis zu verstehen und insofern mit Blick auf die öffentliche Sicherheit als unproblematisch einzuordnen. Dies gelte unabhängig von der Tatsache, dass extremistische Gruppen dieses Symbol vereinnahmen und für ihre Zwecke missbrauchen.