In der öffentlichen Diskussion wird das Thema Radikalisierung häufig mit Migrationsthemen verknüpft. Aber lassen sich dafür belastbare Daten und wissenschaftliche Belege finden. Nun gibt es Antworten.
In der öffentlichen Diskussion wird oft ein Zusammenhang zwischen Migration und Radikalisierung hergestellt. Doch lässt sich dieser auch wissenschaftlich belegen? Eine aktuelle Kurzanalyse, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, kommt zu dem Schluss, dass belastbare Daten hierzu weitgehend fehlen. Die Analyse stützt sich auf umfangreiche Literatur aus dem deutschsprachigen Raum und untersucht insbesondere empirische Daten, die den Anteil von Personen mit Migrationsgeschichte in radikalisierten Gruppierungen beleuchten.
Die zentrale Erkenntnis der Untersuchung ist, dass es keine verlässlichen Zahlen über den Anteil von Migranten in extremistischen Gruppen gibt. „Es gibt keine belastbaren Daten zum Anteil von Personen mit Migrationsgeschichte in radikalisierten Gruppen“, erklärt Nelia Miguel Müller, wissenschaftliche Mitarbeiterin im BAMF-Forschungszentrum.
Zwar nutzen extremistische Gruppen Migrationsthemen, um Menschen anzusprechen, doch lässt sich keine generelle Häufung von Radikalisierungen bei Migranten feststellen. Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass Personen mit Migrationshintergrund anfälliger für extremistische Ideologien sind als die einheimische Bevölkerung.
Die Analyse zeigt, dass Risikofaktoren wie Diskriminierung, biografische Brüche oder instabile familiäre Verhältnisse in beiden Bevölkerungsgruppen zu einer erhöhten Gefahr der Radikalisierung führen können. Doch auch wenn viele Migranten mit diesen Faktoren konfrontiert sind, radikalisiert sich nur eine kleine Minderheit. Der Großteil bleibt immun gegenüber extremistischen Ideologien.
Fazit der Kurzanalyse: Der Zusammenhang zwischen Migration und Radikalisierung bleibt unscharf. Zukünftige Forschungen sollten sich daher verstärkt auf die Mechanismen konzentrieren, mit denen extremistische Gruppierungen Migrationsthemen und Diskriminierungserfahrungen instrumentalisieren, um ihre Narrative zu verbreiten. Zudem ist eine intensivere Untersuchung von Resilienzfaktoren notwendig, die dem Entstehen von Radikalisierung entgegenwirken können.