Eine neue Studie widmet sich Rechtsextremismus und Antisemitismus. Eine Erkenntnis: Rechtsextremer Judenhass zeigt eine ausgeprägte Gewaltbereitschaft.
Antisemitismus hat laut einer Studie eine entscheidende Bedeutung für den Rechtsextremismus. „Antisemitismus wird genutzt, um konkrete Feindbilder zu schaffen und zu markieren, was zu einer Radikalisierung und zur Rechtfertigung von Gewalt führt“, heißt es in der Untersuchung, die am Mittwoch im Potsdamer Landtag vorgestellt wurde. „Der Antisemitismus dient in der extremen Rechten als gemeinsamer Nenner, um verschiedene Elemente der rechtsextremen Weltanschauung zu integrieren.“ Es gehe um Geschichtsrevisionismus und die Abwehr der Erinnerung an die Schoah.
Die Studie trägt den Titel „Rechtsextremismus und Antisemitismus. Historische Entwicklung und aktuelle Ausdrucksformen“ und wurde vom Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) in Berlin herausgegeben. Sie erinnert daran, dass von 2019 bis 2023 mit 2.284 antisemitisch motivierten Vorfällen die meisten dem Rechtsextremismus zugeordnet worden seien. Betroffene und Zeugen können Rias auch ein Ereignis melden, wenn es nicht strafbar ist.
Ein charakteristisches Merkmal des rechtsextremen Antisemitismus ist eine ausgeprägte Gewaltbereitschaft, wie es in der Studie heißt. Zwischen 2019 und 2023 hätten sechs Vorfälle extremer Gewalt, die Rias gemeldet worden seien, einen rechtsextremen Hintergrund gehabt. Ein Beispiel sei der Anschlag auf die Synagoge in Halle 2019.
Für Betroffene gebe es eine besondere Gefahr für Leib und Leben, hieß es. „Aber auch weniger gewaltvolle antisemitische Vorfälle wirken bedrohlich auf das Lebensgefühl Betroffener.“ Dabei werde auch der Alltag von Jüdinnen und Juden geprägt.
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der darauffolgende Genozids an den Palästinensern in Gaza durch Israel machen sich Rechtsextreme den 7. Oktober zunutze, um Antisemitismus auf muslimische Migrantinnen und Migranten zu verlagern – „in der Hoffnung, Debatten um eine restriktivere Migrationspolitik anzustoßen und zu beeinflussen“.
Außerdem werde „das Sprechen über den 7. Oktober und über den arabischisraelischen Konflikt zur Erinnerungsabwehr der Schoa genutzt, indem die Haltung der Bundesregierung in diesem Konflikt als Ausdruck eines angeblichen Schuldkults interpretiert wird“, hieß es.
Die Studie erinnert daran, dass Rias für 2023 insgesamt 4.782 antisemitische Vorfälle dokumentiert habe, bei denen es sich auch um nicht Strafbares gehandelt habe. Das sei ein Anstieg um etwa 83 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 58 Prozent der Vorfälle hätten sich nach dem 7. Oktober ereignet. Die Zahl antisemitisch motivierter Straftaten lag im vergangenen Jahr laut Bundeskriminalamt auf einem Höchststand mit 5.164 Delikten inklusive 148 Gewalttaten. (KNA/iQ)