









US-Präsident Trump geht gegen das Weltstrafgericht vor. Mitarbeitern drohen finanzielle Sanktionen und Einreiseverbote. Das Gericht fürchtet um seine Zukunft.
US-Präsident Donald Trump hat Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) angeordnet. Er wirft dem Gericht unbegründete und „bösartige“ Angriffe gegen Israel vor. Das Gericht mit Sitz in Den Haag habe „seine Macht missbraucht“, weil es Haftbefehle gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und früheren Verteidigungsminister Joav Galant erlassen habe.
Der Strafgerichtshof verurteilte die Sanktionen. Trump ziele mit seiner Anordnung darauf, der „unabhängigen und unparteiischen rechtlichen Arbeit zu schaden“. Es rief alle seine 125 Mitgliedsstaaten sowie andere Nationen dazu auf, sich vereint hinter Gerechtigkeit und grundlegende Menschenrechte zu stellen.
Eine Gruppe von 79 Staaten sicherte dem Gericht ihre volle Unterstützung zu. In einer gemeinsamen Erklärung warnte sie vor Versuchen, die „Unabhängigkeit, Integrität und Unparteilichkeit zu untergraben“. Sie würden alles tun, um die Fortsetzung der Arbeit des Gerichtes zu gewährleisten. Durch die Sanktionen seien alle zur Zeit laufenden Ermittlungen in Gefahr, da möglicherweise Büros des Strafgerichtshofes geschlossen werden müssen. Die 79 Unterzeichner gehören zu den 125 Vertragsstaaten, darunter auch Deutschland.
Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sicherte dem Gericht Unterstützung zu. Der Gerichtshof müsse weiter in der Lage sein, „den Kampf gegen weltweite Straflosigkeit zu führen“, schrieb sie auf X. „Europa wird immer für Gerechtigkeit und den Respekt des internationalen Rechts eintreten.“ Auch EU-Ratspräsident António Costa kritisierte die Entscheidung Trumps.
Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock teilte mit, der Gerichtshof gründe auf fundamentalen Prinzipien: „Die Durchsetzung des Völkerstrafrechts und die Unabhängigkeit der internationalen Gerichte – Prinzipien, die Sicherheit für alle bedeuten. Deshalb unterstützen wir den IStGH und deshalb braucht der IStGH unsere Unterstützung.“
Das Gericht verfolgt seit 2002 schwerste Verbrechen, wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Alle EU-Staaten gehören ihm an; die USA, Israel und auch Russland hingegen sind keine Vertragsstaaten.
Baerbock betonte mit Blick auf Russland: „Wenn der IStGH seine Arbeit jetzt nicht weiterführen könnte, wäre das doch eine der größten Freuden für (Wladimir) Putin.“ Der russische Präsident habe etwa nicht zum Brics-Treffen nach Südafrika reisen können, weil Südafrika ihn als Unterzeichner des Römischen Statuts hätte festnehmen müssen. Das Gericht hatte 2023 einen Haftbefehl gegen den Kreml-Chef wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine erlassen. „Niemand steht über dem Völkerrecht“, sagte Baerbock dazu.
Das Gericht hatte im vergangenen Jahr zudem wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg Haftbefehle gegen Netanjahu, Galant und auch damals hohe Hamas-Chefs erlassen. Die Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant waren international teils kritisiert worden, darunter auch von Trumps Amtsvorgänger Joe Biden.
Zustimmung für die Sanktionen kam erwartungsgemäß aus Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lobte Trumps „mutiges“ Vorgehen. Er nannte den Internationalen Strafgerichtshof auf der Plattform X „korrupt“, „antiamerikanisch und antisemitisch“. Die „rücksichtslose Kampagne“ des IStGH gegen Israel sei ein Probelauf für Maßnahmen gegen die USA, meinte Netanjahu.
Die Sanktionen treffen die rund 900 Mitarbeiter des Gerichts, aber auch diejenigen, die an Ermittlungen gegen US-Personal oder Verbündete wie Israel beteiligt sind. Vermögenswerte dieser Personen sollen eingefroren werden. US-Unternehmen dürfen der Anordnung zufolge keine Finanzgeschäfte mehr mit Mitarbeitern des Gerichts machen. Gegen die betroffenen Personen werden auch Einreiseverbote in die USA verhängt.
Das Gericht versicherte seinen Mitarbeitern die volle Unterstützung. „Das Gericht steht fest zu seinen Mitarbeitern und verspricht, Millionen von unschuldigen Opfern von Gewalttaten weltweit weiter Gerechtigkeit und Hoffnung zu bieten, in all seinen Verfahren“.
Für den Gerichtshof kommen die Sanktionen nicht überraschend. Er soll Medienberichten zufolge, die Gehälter seiner rund 900 Mitarbeiter auch bereits drei Monate im Voraus bezahlt haben – da eine Unterbrechung der Finanzdienstleistungen über US-Banken befürchtet worden war.
Kurz nach Trumps Wiederwahl hatte Gerichts-Präsidentin Tomoko Akane, vor „drakonischen wirtschaftlichen Sanktionen“ der USA gewarnt. Diese würden alle Ermittlungen aufs Spiel setzen und die Existenz des Gerichtshofes gefährden. Ende Januar war noch ein Gesetzesvorhaben zu Sanktionen im US-Kongress gescheitert.
Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit Sanktionen angeordnet, als das Gericht mutmaßliche Kriegsverbrechen von US-Soldaten in Afghanistan untersucht hatte. Diese machte sein Nachfolger Biden wieder rückgängig. (dpa, iQ)