









Kryptowährungen boomen, Aktien gelten als Standard, und Fonds versprechen Stabilität. Doch wie lässt sich Geld investieren, ohne gegen islamische Prinzipien zu verstoßen? Ein Gastbeitrag.
Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass Menschen im gesellschaftlichen Leben Geld ausleihen – mitunter aus purer Notwendigkeit. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass Personen mit Ersparnissen diese häufig investieren möchten. Es gab stets einerseits Menschen mit Kapitalbedarf und andererseits solche, die ihr Vermögen gewinnbringend anlegen wollten. Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang die Verwaltung des Vermögens von Kindern, die früh verwaisten und das Erbe ihrer Eltern antraten, sowie die Vermögensverwaltung von Frauen, die nicht am Erwerbsleben teilnehmen – Themen, die bis heute von Bedeutung sind.
Zur Deckung dieses wechselseitigen Bedarfs wurde das verzinste Darlehen als praktikable Lösung eingeführt. In sämtlichen monotheistischen bzw. abrahamitischen Religionen jedoch ist der Zins verboten. Auffällig ist, dass die Aussagen im Koran und in den Hadithen zum Zinsverbot äußerst präzise und gewichtig sind. Der Koran hingegen ermutigt zur zinsfreien Geldausleihe und verheißt dafür große Belohnung.
Dieser Anreiz führte in vielen muslimischen Gesellschaften zur Verbreitung des sogenannten „schönen Darlehens“ – qarz al-hasan (zinsfreies Leihen). Allerdings ist ersichtlich, dass dieses Prinzip den finanziellen Bedarf der gesamten Gesellschaft nicht vollständig decken kann – insbesondere für jene, die ihr Vermögen verwalten möchten, stellt es keine ausreichende Lösung dar.
Basierend auf den Prinzipien von Koran und Sunna wurden im Laufe der Zeit legitime Wege entwickelt, um Vermögen auf rechtskonforme Weise zu verwalten und Einkünfte zu erzielen – etwa durch Handel und Partnerschaften. Darüber hinaus erschlossen sich Muslime im Lauf der Geschichte weitere alternative Methoden. In solchen Fällen trafen islamische Rechtsgelehrte Vorkehrungen, damit diese Finanzpraktiken nicht mit den islamischen Grundsätzen in Konflikt geraten. Besonders bei der Deckung von Liquiditätsbedarf und der Verwaltung überschüssiger Mittel gilt das Zinsverbot als oberste Priorität. Weitere zentrale Kriterien sind die Abwesenheit von Betrug, Täuschung, Ungewissheit und Unwissenheit – Aspekte, die für die rechtliche Legitimität entscheidend sind.
Die scharfe Kritik am Zins in Koran und Hadithen ist Ausdruck tiefgreifender Weisheiten. Der Zins stellt aus islamrechtlicher Perspektive eine Form unrechtmäßigen Gewinns dar und führt zu einem systematischen Machtgefälle: Vom schwächsten Konsumenten wandert Kapital zu den ohnehin Reichen. In der Folge bildet sich eine privilegierte, inaktive Schicht, die allein durch bereits vorhandenes Vermögen weiteren Gewinn erzielt.
Betrug wiederum ist ein weit verbreitetes Problem im Handel und somit auch in der Vermögensverwaltung. In der islamischen Rechtsterminologie bezeichnet er die bewusste Irreführung einer Partei durch die andere – sei es verbal oder nonverbal. Solche Handlungen sind weder juristisch noch religiös legitim und werden als grob unanständig bewertet.
Ein Geschäft gilt im islamischen Recht als ungültig, wenn es eine erhebliche Ungewissheit enthält (dschahalat-i fâhischa), die zu Konflikten führen kann. Diese Unsicherheit muss zwingend ausgeräumt werden. Wird beispielsweise bei Vertragsverhandlungen kein Preis festgelegt, gilt der Vertrag als fasid – also ungültig –, da dies zu Missverständnissen und Streit führen kann. Generell sollten alle Unklarheiten vermieden werden, die einer der Parteien schaden könnten.
Heute stehen wir vor komplexen und vielfältigen Finanzmärkten. Da diese jedoch zumeist zinsbasiert sind, fehlt ihnen aus islamrechtlicher Sicht die Legitimität. Genau hier setzen Muslime mit religiöser Sensibilität sowie entsprechende Finanzinstitute an, indem sie Alternativen entwickeln, die zentrale Prinzipien wie Zinsverbot, Transparenz und Rechtssicherheit wahren.
Im Zentrum dieser Alternativen stehen Banken, die in verschiedenen Ländern als zinsfreie oder islamische Banken (Islamic Banking) bekannt sind und in der Türkei als Beteiligungsbanken bezeichnet werden. Diese Institute sammeln Kapital etwa über die Mudaraba-Methode (Treuhandinvestition) und setzen es über Modelle wie Murabaha (Finanzierungsleasing) ein. Jede Methode wurde von zeitgenössischen islamischen Rechtsgelehrten eingehend analysiert und mit konkreten Kriterien versehen, die zu beachten sind, um ihre Legitimität zu gewährleisten.
Jede Beteiligungsbank verfügt über einen Scharia-Ausschuss, der sie in juristischen Fragen berät; die entsprechenden Legitimitätsnachweise finden sich meist auf den Internetseiten der jeweiligen Institutionen. Für Menschen mit religiöser Sensibilität stellen Beteiligungsbanken daher eine wichtige Investitionsalternative dar.
Aktien sind eine weitere Möglichkeit der Investition. Beim Aktienkauf sollte jedoch der Geschäftszweck des jeweiligen Unternehmens überprüft werden. Es ist nicht zulässig, Anteile an Unternehmen zu erwerben, deren Tätigkeitsfeld islamischen Prinzipien widerspricht. Sofern keine solche Unvereinbarkeit vorliegt, ist der Erwerb von Aktien zulässig.
Ein weiterer Aspekt betrifft Unternehmen, die in geringem Maße zinsbasierte Transaktionen durchführen. In diesen Fällen gelten bestimmte Bedingungen: Zinsverpflichtungen dürfen nicht mehr als ein Drittel des Gesamtvermögens ausmachen. Gleiches gilt für verzinste Guthaben, die etwa aus betrieblichen oder gesetzlichen Gründen auf entsprechenden Konten angelegt wurden. Auch darf der Anteil an unerlaubt erzielten Einnahmen maximal fünf Prozent des Gesamteinkommens betragen.
Eine weitere Option für Menschen mit religiöser Sensibilität sind Investmentfonds. Diese legen die ihnen anvertrauten Mittel durch erfahrene Manager in verschiedene Bereiche an – etwa in in- und ausländische Aktien, Leasingzertifikate, Edelmetalle, Rohstoffe oder Einlagen. Solche Fonds bieten Vorteile wie Liquidität, Risikostreuung und steuerliche Begünstigungen.
Mittlerweile existieren auch Fonds, die sich explizit an islamischem Recht orientieren. Diese vermeiden zinsbasierte Geschäfte und berücksichtigen Grundsätze wie etwa die sofortige Übergabe beim Goldhandel. Zuständige Fiqh-Räte führen regelmäßige Prüfungen durch. Beim Erwerb eines solchen Fonds sollte darauf geachtet werden, ob er islamisch-rechtliche Kriterien tatsächlich einhält.
Der Handel mit Kryptowährungen erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Allerdings warnen Finanzexperten vor den hohen Risiken. Aus islamrechtlicher Sicht ist es schwierig, eine pauschale Aussage zur Zulässigkeit von Kryptowährungen zu treffen. Jede einzelne Währung basiert auf einem eigenen Code-System und hat eine spezifische Struktur. Angesichts tausender existierender Kryptowährungen erscheint eine differenzierte Analyse unverzichtbar.
Eine Investition kann dann als zulässig gelten, wenn islamische Rechtsgelehrte die jeweilige Kryptowährung hinsichtlich ihrer technischen Struktur und Funktionsweise prüfen und feststellen, dass sie mit den Grundsätzen des islamischen Rechts vereinbar ist.