Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) stellte die Eckpläne für ein geplantes Beratungsangebot zur Prävention von Salafismus in Niedersachsen vor. In Hamburg gibt es hingegen noch starken Gesprächsbedarf. Die Opposition wirft dem Senat Untätigkeit vor.
Die zunehmende Radikalisierung und das Abdriften von Jugendlichen in den Salafismus macht den Behörden Angst. In Niedersachsen legte Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) gemeinsam mit den muslimischen Religionsgemeinschaften Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion Bremen-Niedersachsen (DITIB) und dem Landesverbands der Muslime in Niedersachsen (Schura) am Montag (16.09.2014) die Eckpunkte für ein geplantes Beratungsangebot zur Prävention vor.
Nach Angaben des Sozialministeriums bestehe Einigkeit darüber, dass die Präventionsstelle in freier Trägerschaft unter Beteiligung der muslimischen Religionsgemeinschaften eingerichtet werde. Um zu gewährleisten, dass die Beschäftigten sich mit den Lebensgewohnheiten der Muslime in Niedersachsen gut auskennen, soll der Islamwissenschaftler Rauf Ceylan vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück (IIT) den Aufbau der Präventionsstelle wissenschaftlich begleiten.
Rundt: Stigmatisierung der Muslime muss ein Ende haben
Das nächste Treffen zum Thema findet nach Angaben des Ministeriums im Oktober statt. An diesem Termin soll auch geklärt werden, wer als Träger der Präventionsstelle infrage kommen könnte und wie die Zusammenarbeit zu anderen Bundesländern aussehen könnte. Der SCHURA-Vorsitzende Avni Altıner erklärte nach dem Gespräch: „Die Vorgängerregierung hat viel Porzellan zerschlagen, das wir nun wieder aufkehren müssen. Es ist gut, dass die Präventionsarbeit jetzt beim Sozialministerium angesiedelt ist.“
Sozialministerin Cornelia Rundt freute sich über die Fortschritte bei den Gesprächen: „Schon jetzt ist klar, dass Stigmatisierungen der Gesamtheit der Muslime, wie sie die Vorgängerregierung mit Extremisten-Checklisten und Moscheekontrollen betrieben hat, ein Ende haben. Die muslimischen Verbände werden nun eng eingebunden in die Präventionsarbeit, die damit besser akzeptiert und wesentlich erfolgversprechender aufgestellt sein wird.“ Der DITIB-Vorsitzende Yilmaz Kılıç ergänzte: „Die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz aber auch das Vertrauen der Muslime in eine Präventionsstelle ist eine der tragenden Säulen für das geplante Beratungsangebot.“
Hamburg ringt um eine Lösung
Während in Niedersachsen die Präventionsarbeit langsam Form annimmt, ringt man in Hamburg weiterhin um eine gemeinsame Lösung. Die muslimischen Religionsgemeinschaften DITIB, Schura Hamburg und VIKZ stehen auch hier im Gespräch mit den Behörden. Allerdings ist noch keine konkrete Entscheidung zur Ausgestaltung einer Präventionsstelle gefallen. Nach Informationen von IslamiQ gibt es ein konkretes Konzeptpapier, dass von der BASFI (Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration) an die muslimischen Gemeinschaften geschickt wurde und über das in den kommenden Tagen erneut als Grundlage beraten werden soll.
Ausgehend von diesem Papier fordern Muslime allerdings bereits Änderungen bei der geplanten Präventionsstelle. Eine Hauptforderung kommt aus der Schura Hamburg. Diese will die Präventionsstelle breiter aufgestellt sehen und nicht nur Deradikalisierung in Bezug auf Muslime in den Fokus gerückt haben. Es soll nach Ansicht der Schura bei der Präventionsstelle auch um Islamfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Antisemitismus gehen. Die Präventionsstelle soll quasi alle Kräfte bündeln.
Linksfraktion fordert zentrale Anlaufstelle
Auch der politische Druck auf den Hamburger Senat wächst. In der Bürgerschaft zeichnet sich ein breites Bündnis der Opposition für eine Präventionsstelle ab. Die Partei Die Linke in Hamburg warf nach der Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage (Drs. 20 / 12924) diesem vor, nichts gegen die Gefährdung von Jugendlichen zu tun. Der Senat hatte angegeben, Problemfälle an nicht extra geschulte Einrichtungen zu verweisen.
Mehmet Yıldız, jugendpolitischer Sprecher der Linksfraktion kritisierte, dass der Senat Minderjährigen und jungen Erwachsenen keine angemessenen Angebote unterbreite: „Es ist ein Skandal, dass der Senat dieses komplexe Thema an Erziehungsberatungsstellen, Schulleitungen oder Mitarbeiter/innen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit abschiebt. Wir fordern den Senat auf, neben einer zentralen Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige vor allem Angebote vor Ort in den Stadtteilen zu schaffen. Die Untätigkeit des Senates führt im schlimmsten Fall dazu, dass Hamburger Jugendliche in Krisenherden von Banden wie IS verheizt werden.“
Auch die CDU fordert in einer jüngsten Anfrage die Schaffung von Ansprechpartnern und Stellen, die sich dem Thema widmen. Eine weitere Hauptforderung ist die verbesserte Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften an Hamburger Schulen. Anfang der vergangenen Woche war öffentlich geworden, dass ein Schüler aus dem Bezirk Altona als mutmaßlicher Kämpfer der Terrororganisation ISIS in Syrien getötet worden war. (as)