Die Berliner Şehitlik Moschee, die zum Dachverband DITIB gehört, hat eine gemeinsam geplante Veranstaltung mit Schwulen und Lesben im Rahmen einer Begegnungsreihe abgesagt. Von einer Einladung von Seiten der Moschee könne keine Rede sein, behauptet der Vereinsvorsitzende Ender Çetin.
Verwirrung um eine geplatzte Veranstaltung in der Berliner Şehitlik Moschee. Eine am 24. November geplante Veranstaltung unter dem Titel „Islam und Homophobie“ wurde vom Vorstand, der zum Dachverband der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) gehörenden Moschee, abgesagt. Nach Angaben des Moscheevorsitzenden Ender Çetin hätten Medien den angekündigten Besuch falsch dargestellt.
Es habe von Seiten der Şehitlik Moschee nie eine Einladung an Schwule und Lesben gegeben, heißt es in einer türkischsprachigen Pressemitteilung, die auf der Website der Moschee verbreitet wurde. Von einer Einladung an Homosexuelle könne keine Rede sein, sagte auch Ender Çetin gegenüber der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. Vielmehr sei der Wunsch nach einem Besuch an die Moschee herangetragen worden. Da die Moschee jedem offen stehe, habe man entsprechend einen Termin vergeben, so Çetin.
Die Gemeindemitglieder seien jedoch von der Berichterstattung in den Medien massiv verunsichert und gestört worden. Eine Anerkennung oder gar Erlaubnis für die aus der Sicht des Islam verbotene Homosexualität sei auf keinen Fall das Ziel der Moschee gewesen und man habe hierzu auch nicht beigetragen. Man habe als Şehitlik Moschee wie bei anderen Anfragen auch, auf eine Anfrage für einen Moscheebesuch mit einer Gruppe positiv reagiert. Aus diesen Gründen und um Missverständnisse zu vermeiden, sehe man sich gezwungen, das geplante Treffen mit den Schwulen und Lesben abzusagen, so die Moscheeleitung.
Das Treffen geplant hatte meet2respect. Das Projekt wird vom gemeinnützigen Verein Leadership Berlin – Netzwerk Verantwortung durchgeführt. Im Rahmen der meet2respect Reihe besuchen beispielsweise Imame und Rabbiner in Gruppen gemeinsam Schulen und diskutieren mit den Schülern über Integration und Religion. Die Projekte widmen sich dem Abbau von Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt. Ein weiteres Projekt von meet2respect ist auch die Begegnung zwischen Muslimen und Schwulen und Lesben zu fördern. Mit den Treffen will man zum Abbau von Homophobie und Islamophobie beitragen.
Auf der Website der Initiative heißt es, die Idee zum Treffen in der Moschee sei im Rahmen einer Sitzung des Koordinierungskreises von meet2respect entstanden. So sei an Ender Çetin die Frage gestellt worden, ob es für muslimische Vertreter denkbar sei, eine Moscheeführung mit anschließender Diskussion zum Thema Islam und Homophobie anzubieten. Dieser habe darauf erwidert, „dass aus seiner Sicht nichts dagegenspricht, eine Moscheeführung mit anschließender Diskussion auch für Schwule und Lesben anzubieten“, heißt auf der Website. Man sei darüber erfreut gewesen und habe den Lesben- und Schwulenverein Deutschlands (LSVD) mit eingebunden und habe einen Termin in der Şehitlik vereinbart.
Dass die geplante Veranstaltung abgesagt wurde, sorgt für lange Gesichter. Der Zeitpunkt der Absage hat jedoch einen bitteren Nachgeschmack. Zwar heißt es in der Pressemitteilung der Şehitlik Moschee, die Absage gebe Provokationen keinen Raum und sei „für das gemeinsame Miteinander besser“, doch kam sie just zu einem Zeitpunkt, als auch die Kritik an der Veranstaltung lauter wurde.
Der Ableger des türkischen Religionsamtes in Deutschland öffne die Moscheen für „anomale Homosexuelle“, kritisierte beispielsweise die Zeitung Yeni Akit am Donnerstag. Die Zeitung meldete, der dem türkischen Religionsamt unterstehende Dachverband DITIB habe Homosexuelle in eine Moschee eingeladen und damit einen „Skandal“ ausgelöst. „Anomale Homosexuelle“ sollten in der Moschee an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. Ähnlich lautete auch ein Bericht in der rechtskonservativen Zeitung Takvim.
Der Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg, Jörg Steinert, bestätigte, dass am 24. November eine Führung durch die Moschee geplant gewesen sei. Anschließend sollte in einer Gesprächsrunde zum Thema Islam und Homosexualität beziehungsweise Homophobie gesprochen werden.
Jedoch sei die geplante Begegnung auch innerhalb der DITIB kontrovers diskutiert worden, so Steinert; einige aus der Religionsgemeinschaft hätten eine Absage gefordert. Es sei offen gewesen, ob das Treffen überhaupt stattfinde. „Dem Lesben- und Schwulenverband ist der Dialog wichtig – weder Islamophobie noch Homophobie sind unsers Erachtens akzeptabel“, erklärte Steinert. (as/iQ/KNA)