Moscheebrände in Deutschland

Untersuchungsbericht der Menschenrechtskommission des türkischen Parlaments wurde angenommen

Die Menschenrechtskommission des türkischen Parlaments hat seinen Untersuchungsbericht zu Brandanschlägen in Deutschland veröffentlicht. Deutschland muss laut Bericht in Bezug auf den Schutz von Muslimen noch viel tun. Scharfe Kritik gibt es an den Behörden.

20
11
2014

Nach dem Brandanschlag auf die Berliner Mevlana Moschee hat ein Ausschuss der Menschenrechtskommission des türkischen Parlaments Untersuchungen in Deutschland aufgenommen. Die Untersuchungen betrafen sowohl den Brandanschlag auf die Mevlana Moschee in Berlin als auch weitere Anschläge auf Moscheen in Bielefeld. In dem Bericht widmet sich die Menschenrechtskommission zudem Anschlägen auf muslimische Gebetsstätten im Zeitraum der vergangenen Zehn Jahre.

Der Bericht macht darauf aufmerksam, dass nur wenige Übergriffe auf Moscheen restlos aufgeklärt werden konnten. Dies ermutige laut Bericht auch Nachahmungstäter und andere islamfeindlich gesinnte Personen zu weiteren Anschlägen und Aktionen gegen Muslime und ihre Gebetsstätten in Deutschland. Nach Angaben des Vorsitzenden der Kommission, Ayhan Sefer Üstün, hat es in den vergangenen Zehn Jahren in Deutschland mindestens 219 Angriffe auf religiöse Gebetsstätten von Muslimen gegeben. Es gebe aber in all diesen Fällen keine mit der Hand greifbaren Verdächtigen. Man habe dieses Problem auch bei Gesprächen mit Verantwortlichen in Deutschland angesprochen, so Üstün.

Zustand nicht haltbar

Vor dem Parlament kritisierte Üstün die geringe Aufklärungsrate bei den Übergriffen. „Ist dies ein haltbarer Zustand? Wie lange soll es noch so weitergehen?“ habe man die Verantwortlichen in Deutschland gefragt. „Es gibt keine Verdächtigen. Selbst wenn der Verdächtige ein Türke oder ein Muslim ist, kriegt es heraus. Wir sind auch dafür zu haben. Aber bringt endlich einen Verdächtigen hervor“, habe man den Verantwortlichen gesagt.

Üstün machte zusätzlich darauf aufmerksam, dass Fälle dieser Art weiter zunehmen würden. „Wir verfolgen solche Fälle Monat für Monat. Auch im Oktober gab es weitere Angriffe. Fünf Angriffe wurden (Anm. der Red.: in Europa) verübt, davon fanden allein vier Stück in Deutschland statt. Alle Angriffe in Deutschland richteten sich gegen Moscheen. Diese Formen von Angriffen nehmen langsam aber sicher zu“, sagte Üstün.

Nicht alle Fälle werden bekannt

Der Bericht macht darauf aufmerksam, dass längst nicht alle Fälle von Anschlägen und Übergriffen auf Moscheen und muslimische Einrichtungen erfasst würden. Es gebe viele Fälle die weder von den Medien beachtet, noch den zuständigen Staatsanwaltschaften übermittelt würden. Gleichzeitig wachse in der muslimischen Community auch die Unruhe angesichts von zunehmenden Anschlägen und dem Ausbleiben von Aufklärung. Dies führe auch zu einem Vertrauensbruch gegenüber den Behörden.

In Bezug auf den weiterhin ungeklärten Brandanschlag auf die Berliner Mevlana Moschee heißt es: „Rassismus ist eine Krankheit in Europa und diese Krankheit muss unbedingt behandelt werden.“ Das Thema Rassismus müsse nicht nur auf der Ebene der Strafverfolgung verfolgt werden, sondern als gesamtgesellschaftliches Problem angegangen werden. Angriffe auf Moscheen und muslimische Einrichtungen seien immer ein direkter Angriff auf die Religionsfreiheit. Deutschland müsse entsprechend Vorkehrungen treffen, um die religiösen Minderheiten im Land zu schützen.

Kritik gab es auch an der Berichterstattung in Bezug auf den Moscheebrand in Berlin. Die schnelle Behauptung der Polizei ein Anschlag könne ausgeschlossen werden haben laut Bericht zu einer Gleichgültigkeit in den Medien, der Bevölkerung und der Politik geführt. Die Moscheegemeinde fühlte sich angesichts dieser Ignoranz allein gelassen. Gerade hier fordert die Menschenrechtskommission mehr Vorsicht und mehr Sensibilität von den Verantwortlichen.

Hintergrund

Im August kam es zu einem schweren Brand an der Berliner Mevlana Moschee am Kottbusser Tor. Der Brand war kurz nach dem Nachtgebet ausgebrochen. Die Gemeindemitglieder hatten die Moschee gerade verlassen, als der Brand ausbrach. Die Ermittlungen des Staatsschutzes zeigten, dass es sich um Brandstiftung handelte. Ein Täter wurde bis heute nicht ermittelt.

Statistiken der Bundesregierung aber auch der Landesregierungen zeigen, dass die Anzahl von Übergriffen und Anschlägen auf Moscheen in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Genaue Zahlen zu den Übergriffen gibt es allerdings nicht, weil muslimfeindliche Straftaten im Katalog der politisch motivierten Straften nicht separat erfasst werden. Die Bundesregierung sieht weiterhin keine Veranlassung dafür, dies zu ändern.

Leserkommentare

Malte sagt:
In der Sache hat die Menschenrechtskommission des türkischen Parlaments eindeutig recht. Es ist unhaltbar, dass die Aufklärungsquote offenbar so gering ist. Allerdings kann die Polizei auch nicht, wie vielleicht in der Türkei üblich, einfach einen Verdächtigen ausdeuten. Außerdem mischt sich auf diesem Wege dieselbe türkische Regierung in die inneren Angelegenheiten Deutschlands ein, gegen die es sich z.B. zur Wehr setzt, wenn es darum geht, dass türkische Polizisten gnadenlos und brutal Demonstranten niederknüppeln. Auch ist es nicht zutreffend, dass in Deutschland nur Moscheen Opfer von Anschlägen sind. Kürzlich habe ich gelesen, dass es momentan noch mehrheitlich Kirchen sind, die Anschläge erdulden müssen. Diese Anschläge schaffen es einfach nur nicht in die überregionale Berichterstattung. Es ist aber nicht so, dass derjenige, der am lautesten schreit, am meisten Unrecht erleidet. Aber trotzdem, es darf nicht sein, dass die Täter solcher Anschläge auf Moscheen nicht ermittelt werden. An dieser Stelle hat die Polizei noch Nachholbedarf. Und natürlich müssen deutsche Politiker, die sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen, damit aufhören, ständig darüber zu diskutieren, ob nun der Islam zu Deutschland gehört oder doch eher ein Fremdkörper ist. Allein durch die Anwesenheit von Muslimen und mit der grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit gehört der Islam definitiv zu Deutschland. Ebenso müssen Kopftuchverbote aus der Diskussion verschwinden und nicht immer wieder neu angefacht werden. Wer ein Kopftuch tragen möchte, soll dies tun dürfen. Und zu guter letzt darf auch nicht jedes Mal eine Protestwelle losbranden, wenn Muslime eine Moschee bauen wollen. Vor allem gehören die Moscheen in das öffentliche Stadtbild und nicht in Hinterhöfe oder Industriegebiete. Hier wäre auch der Staat gefragt, unabhängige Moscheevereine jenseits z.B. der türkischen DITIB (hinter der letzlich der türkische Staat steht) finanziell beim Moscheebau zu unterstützen. In dem Zusammenhang darf auch der Ruf zum Gebet durch den Muezzin kein Tabu mehr sein. Es geht darum, dass unsere Politiker die öffentliche Akzeptanz des Islam voranbringen, statt sie immer wieder zurückzuwerfen.
21.11.14
10:06