Die islam- und ausländerfeindlichen Auslassungen von CDU-Politiker Hans Jürgen Irmer wurden ihm nun doch zum Verhängnis. Ab sofort hat er seine Ämter niedergelegt. Er selbst sieht sich als einen „Konservativen“, andere nennen ihn „Hassprediger“. Ein Porträt.
Vor allem der Islam ist dem ehemaligen bildungspolitischen Sprecher der CDU in Hessen ein Dorn im Auge. Offenkundig gab er rechtsextrem getönte Aussagen von sich, welche die Opposition hart kritisierte. Als 2010 der damalige Ministerpräsident von Niederachsen, Christian Wulff, die türkischstämmige Aygül Özkan zur Sozialministerin ernannte, warf ihm Irmer eine „Fehlentscheidung“ vor. Özkan wäre nicht in der Lage, „deutsche Interessen zu vertreten“. Er untermauerte seine Einschätzung mit folgender Erklärung: „Der Islam ist auf die Eroberung der Weltherrschaft fixiert. Wir brauchen nicht mehr Muslime, sondern weniger.“
Vor allem der Wetzlar Kurier dient ihm als Plattform für die Veröffentlichung und Verbreitung seiner eigenwilligen Ansicht über den Islam. Die Monatszeitung wird eigens von ihm herausgegeben und kostenlos an Privathaushalte verteilt, eine durchdachte Masche, die ihre Wirkung seit 1999 zeigt. Mit einer Ausnahme hatte er in seinem Wetzlar Wahlkreis immer direkt gewonnen. Und Dank dieses Erfolges blieb er unangetastet. Aber nun ist selbst die Toleranzgrenze der Christdemokraten erreicht. Die Veröffentlichung einer islamfeindlichen Anzeige des mindestens rechtslastigen Vereins „Die Deutschen Konservativen“ ließ nun das Fass der CDU überlaufen. Irmer musste auf Druck seiner Fraktion zurücktreten.
Dabei ist die Liste seiner Provokationen lang: Bereits 2010 begrüßte er offenkundig das Bauverbot von Minaretten in der Schweiz. Die Moschee entwickle sich dann vom Gebetshaus zum politischen Zentrum.
Auch folgendes Beispiel stammt aus dem Wetzlar Kurier. Der CDU-Politiker greift penibel alle Thesen des Sozialdemokraten Thilo Sarrazin auf und pocht mit angeblich unumstößlichen Fakten auf ihre Berechtigung. Mit Sätzen wie: „Die Tinte war noch nicht trocken, da stürzten sich die Gutmenschen und die gesamte politisch korrekte Welt auf den Ex-Finanzsenator. Warum?“, reiht sich Irmer in die Riege der reaktionären Rechtskonservativen ein und sieht sich selbst als Aufklärer und Mutmacher der Nation. Er macht sich die Wörter Sarrazins zu Eigen und beteuert, dass er „Recht hat“. Dass Sarrazins Aussagen von den Vereinten Nationen als rassistisch eingestuft wurden, hat ihn scheinbar nicht gestört.
Im Frühjahr letzten Jahres standen sogar Flüchtlinge und Asylanten im Kreuzfeuer. Irmer warf den Flüchtlingen „Asylmissbrauch“ und „Einwanderung in die Sozialsysteme vor“. Einen weiteren Fauxpas lieferte sich der CDU-Politiker, als er die Asylunterkünfte mit den Büros des Landtags verglich. Er kam zu dem überraschenden Ergebnis, dass Asylbewerbern mehr Quadratmeter pro Kopf zur Verfügung stünden.
Neben den inhaltlichen Eklats, die sich Irmer immer wieder geleistet hat, trieb er die Verunglimpfung der Bürger mit Einwanderungsgeschichte teilweise auf die Spitze, wie folgender Reim aus Wetzlar Kurier zeigt:
„Integration hat sich expandiert,
wir sind in Deutschland unterwandert. […]
Denn Menschen, die ganz anders denken,
und die meisten Kinder schenken,
leben, teilweise bequem,
von unserem Sozialsystem“.
Hans-Jürgen Irmer ist ein Überzeugungstäter. Auch wenn der CDU-Fraktionschef Michael Boddenberg nun tatsächlich zugibt, dass die Aussagen Irmers „mit den Grundsätzen der CDU unvereinbar“ sind, so stellt sich die Frage, warum man ihn so lange gewähren ließ.
Die Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler, die ihm den Titel „Hassprediger“ gab, sagte, der Rücktritt komme „um Jahre zu spät und wirft ein Schlaglicht auf die politische Ausrichtung der Hessen-CDU“. Dass die rechtskonservative Gesinnung in Hessen weiterhin erhalten bleibt, ist daran deutlich zu erkennen, dass Irmer trotz allem weiterhin als Landtagsabgeordneter der CDU und als Vorsitzender des Unterausschusses für Heimatvertriebene und Flüchtlinge agieren wird. Eine Position, die unpassender nicht sein kann.