Baden-Württemberg

Religionsgemeinschaften wollen Religionsunterricht stärker mitgestalten

Die Landesregierung Baden-Württemberg plant den Islamunterricht weiter auszubauen. Die islamischen Religionsgemeinschaften kritisieren die langsame Entwicklung und fühlen sich vom Kultusministerium zu wenig einbezogen.

15
02
2015

Der Ausbau des Islamunterrichts geht den islamischen Religionsgemeinschaften in Baden-Württemberg nicht schnell genug. „Das läuft seit Jahren und wir sind immer noch in der Pilotprojektphase. Das kann nicht zum Dauerzustand werden“, kritisierte der Vorstandschef der Islamischen Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW), Muhittin Soylu. Außerdem müssten islamische Organisationen stärker beteiligt werden. „Der Unterricht muss zusammen mit den Religionsgemeinschaften eingeführt werden.“

Seit 2006/2007 läuft islamischer Religionsunterricht in Baden-Württemberg als Modellprojekt – mit bislang mehr als 2000 Kindern an rund 30 Grund-, Haupt und Realschulen. Besonders nach den islamistischen Terroranschlägen in Paris war über einen schnelleren Ausbau des Schulunterrichts diskutiert worden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hatten mehr Tempo angekündigt, um «religiösem Analphabetismus» entgegenzuwirken.

Kritik an fehlender Zusammenarbeit

„Beim Ausbau der Schulen müssen wir mit im Boot sein“, forderte der Landeschef der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), Erdinç Altuntaş. „Vieles läuft an uns vorbei.“ Nach Angaben von IGBW-Chef Soylu gebe es dabei viele Baustellen wie die Gestaltung der Lehrpläne und die Ausbildung der Lehrer. „Das Kultusministerium hat die Kommunikation mit uns seit der Einführung auf einem Minimum gehalten.“

Das Kultusministerium verweist hingegen auf Runde Tische mit den Religionsgemeinschaften in der Vergangenheit. „Der Vorwurf der Vernachlässigung stimmt nicht», sagte eine Sprecherin. Voraussetzung für islamischen Regelunterricht ist aus Sicht der Landesregierung ein Ansprechpartner in Form einer anerkannten Religionsgemeinschaft. «Bei Christen hat der Staat einen Partner, mit dem er Religionsunterricht in gemeinsamer Verantwortung anbieten kann.“

Förderung der Lehrerausbildung

Die islamischen Religionsgemeinschaften begrüßen indes Forderungen der Pädagogischen Hochschulen (PH) und der SPD-Landtagsfraktion nach mehr Professorenstellen für die Ausbildung islamischer Religionslehrer. „Wenn der Unterricht flächendeckend eingeführt wird, brauchen wir viele Lehrer“, sagte Soylu. Von rund 70 000 muslimischen Schülern erhielten derzeit nur rund 2000 Religionsunterricht. „Es wäre wichtig, dass alle in den Genuss kommen.“(dpa/iQ)

Leserkommentare

Robert sagt:
Die Umsetzung des Religionsunterrichtes ist nun einmal nicht ganz einfach. Für den christlichen Religionsunterricht gibt es in Deutschland als Ansprechpartner die beiden großen Religionsgemeinschaften, also die katholische und die evangelische Kirche. Nicht berücksichtigt werden hier allerdings die vielen kleinen Religionsgemeinschaften oder Sekten, deren Kinder dann häufig in den evangelischen Religionsunterricht gehen müssen. Bei den Muslimen ist das ganze noch einmal schwieriger, da die muslimische Welt eben nicht so einfach ist, dass man sagen könnte, es gibt eben nur einen sunnitischen und einen schiitischen Religionsunterricht. Da kommen dann z.B. auch noch die Alewiten und die Ahmadiyya, die lieber eigenen Religionsunterricht haben möchten. In jedem Fall müßte im Gesetz noch einmal neu definiert werden, was nun eigentlich eine Religionsgemeinschaft ist, die Anspruch auf eigenen Religionsunterricht hat. Die Hürden müßten dabei abgesenkt werden, damit endlich nahezu alle Muslime in Deutschland in den Genuss von islamischem Religionsunterricht kommen können.
16.02.15
10:48