Islamfeindlichkeit

Im Hass vereint: Wilders und Pediga

Der bekannte niederländische Politiker und Islamophob Geert Wilders stattete der Pegida-Demonstration in Dresden einen Besuch ab. Eine Freundschaft, die aus gemeinsamer Feindschaft gegen den Islam entstanden ist. Dr. Milena Rampoldi beleuchtet die neue Allianz.

16
04
2015
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Wilders und Pegida. Zwei Freunde vereint im Hass. Dennoch gibt es Unterschiede zwischen ihnen. Wilders ist ein purer Islamhasser, der sein gesamtes liberales, US- und Israel-freundliches Parteiprogramm auf den Kampf gegen den europäischen Islam aufbaut. Und was ist Pegida? Eine Mischung deutscher, frustrierter Bürger, die immer mehr nach rechts rücken, hin zu einem Populismus der deutschen Art, der sich u.a. gegen die „Islamisierung Europas“ auflehnt und fremdenfeindlich ist, wenn es um Armutseinwanderer und Flüchtlinge geht? Eines haben die beiden aber zweifelsohne gemeinsam: ihre Islamfeindlichkeit.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Ich finde, dass sich jenseits dieses gemeinsamen Hasses gegen den Islam, das Geert Wilders von der somalischen Atheistin Ayyan Hirsi Ali hat und die Pegida von den Lügenmedien und vom Rechtspopulismus ausgeliehen hat, keine weiteren Gemeinsamkeiten entdecken lassen. Während Pegida mit den Emotionen der Menschen spielt, geht Wilders ganz anders an die Verbreitung des verhassten Islams ran. Sein Islambild ist ganz einfach strukturiert, da er kaum Ahnung von der Religion der Muslime hat. Er holt sich Verse über die Kriegsführung aus dem Koran, schreibt Pamphlets über die Gewalt des Islams gegen die Frauen und komponiert sogar seinen ganz persönlichen Brief an Papst Franziskus, um ihn vor dem Islam zu warnen.

Diese Religion sei gefährlich, würde Europa erobern. Es gäbe einen imperialistischen Petroislam, er würde Europa vollkommen auslöschen und unterwerfen. Als wäre das nicht genug, zeigt Wilders in seinem islamfeindlichen Film „Fitna“ mögliche Szenarien die entstehen könnten, wenn man Muslime weiterhin walten lässt. In naher Zukunft würden auf holländischen Postkarten nur noch Moscheen zu sehen sein und Kopftuchträgerinnen mit ihrem „Kinderwagenjihad“ die Straßen verseuchen, weshalb sie laut Wilders auch eine Kopftuchsteuer zahlen müssten Das Ganze wird dann noch durch das Bild des allgegenwärtigen islamischen Terrorismus in den Medien abgerundet: in der Welt wäre der islamische Terrorismus der einzige, weil er auch in den Medien als einziger so genannt und mit religiösen Symbolen bebildert wird.

Gewalt gegen Muslime steigt

Jede Straftat, die ein Muslim begeht, wird automatisch zu einer terroristischen Straftat eines großen, technologisch vernetzten islamischen Terrorismus, der überall seine schlafenden, tickenden Bomben hat, die die deutschen und auch niederländischen Straßen in Gefahr bringen. Hier treffen sich Pegida und Wilders wieder. Denn der kleine Bürger von Pegida ist Zielscheibe des großen islamischen Terrornetzwerkes. Der Staat tut nichts, aber „wir sind das Volk“, so Pediga, und deshalb müssen sie als brave Bürger alles in die Hand nehmen, um Deutschland und Europa von der grünen Pest, wie Wilders den Islam nennt, befreien.

In den Niederlanden besudeln Bürger Moscheen mit Schweineblut, in Deutschland werden zukünftige Flüchtlingsheime angezündet. Somit gehören Geert Wilders und Pegida zu einem europäischen Netzwerk von Menschen, die sich ihren eigenen Islam konstruieren, dieses Islamfeindbild verbreiten und die eigenen Bürger aufhetzen, dieses zu bekämpfen. Und dieses Islambild finden dann die Bürger auf ihren Straßen. Jeder Muslim wird zum Terroristen und Imperialisten. Die muslimischen Kinder sind Terroristenbrut und die neue Generation der muslimischen Eroberer des europäischen Abendlandes.

Geert Wilders und Pegida sind eigentlich eine Einmannpartei und eine verwirrte Gruppierung, die den Islam missverstehen und dieses Missverständnis verbreiten. Und darin liegt genau das Problem. Das Problem besteht für mich in den Mitteln, die diese Menschen nutzen. Den Islam misszuverstehen, ist kein Vergehen, denn das lässt sich durch richtige Information und durch Begegnung mit Muslimen einfach klären. Aber im Moment wird der Islam einerseits falsch gelebt und andererseits falsch dargestellt. Somit ist eine falsche Interpretation des Islam sehr wohl möglich. Die Außenpolitik wird in den Medien vollkommen verzerrt dargestellt. Die Menschen verstehen nicht, was wirklich geschieht und projektieren ihre Ängste in die Nachrichten des Krieges und der Gewalt, die sie umgeben. Diese kostenlosen Gewaltbilder formen das Bild, das die Bürger vom Islam haben. Aber wer sie dann dazu bringt, diese Bilder in Gewalt gegen friedliche Muslime, die als Einwanderer oder Flüchtlinge in ihr Land kamen, umzusetzen, sind Volksverhetzer wie Geert Wilders und der Führer von Pegida Lutz Bachmann.

Hetze und Spaltung

Diese Menschen sind emotionale, tickende Bomben für die multikulturelle Gesellschaft, für das Zusammenleben der Religionen in Europa und für die Beziehung zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen in Deutschland und den Niederlanden. Und sie sind tickende Bomben in einem Konflikt von Bürgern gegen Bürger. Denn bevor sie Muslime oder Nicht-Muslime sind, sind diese Menschen alle Bürger Deutschlands und der Niederlande. Was mich vor allem beunruhigt, ist die Ausgrenzung europäischer Muslime durch diese islamfeindlichen Bewegungen. Es geht nicht mehr um Islamophobie als Angst vor dem unbekannten Islam, sondern um Islamfeindlichkeit als negative und gewalttätige Einstellung gegenüber einem Islam, der sich mit dem eigenen Feindbild deckt. Das ist es, was ich bedrohlich finde, und dies unabhängig von der Anzahl der Menschen, die sich in Dresden versammeln werden, wenn der niederländische Politiker wieder mal in die sächsische Hauptstadt reist.

Unsere Aufgabe als Musliminnen und Muslime in Europa heute ist es, eine effektive Aufklärungsarbeit zu betreiben. Denn 10.000 Pegida-Anhänger, die sich dieses Theater ansehen, sind 10.000 zu viel. Und durch eine effektive Aufklärung, durch Kommunikation, durch Dialog mit den Musliminnen und Muslimen, werden es immer weniger. Das ist meine Hoffnung, vielleicht auch meine Utopie. Aber daran möchte ich festhalten. Und diesen Kampf möchte ich gemeinsam mit allen anderen Muslimen und Nicht-Muslimen schaffen, die sich in Deutschland für Vielfalt, Toleranz und für eine bunte mosaikförmige Welt einsetzen, die sich außerhalb der braunen Suppe mit der Menschheit als Ganzheit identifiziert.